Technikatörténeti szemle 19. (1992)
KÖNYVISMERTETÉS - Papers of the First „MINERALKONTOR” International Conference on the History of Chemistry and Chemical Industry (Veszprém, 12-16 August, 1991)
säure- Kontakt-Verfahren eine günstige Voraussetzung für eine wirtschaftliche Indigo—Synthese. Desweiteren eröffnete die von den niederländischen Chemikern Sebastian Hoogewerff und Willem A. van Dorp entdeckte Möglichkeit, aus Phthalsäurenhydrid die für das 2. Heumannsche Verfahren dringend benötigte Anthranilsäure zu gewinnen, weitere Wege. Bereits im Februar 1897 wurde es der Badischen Anilin- und Soda-Fabrik Ludwigshafen möglich, mit der Indigo-Produktion zu beginnen. Ein halbes Jahr später konnte der erste synthetische Indigo unter der Bezeichnung „Indigo rein BASF" verkauft werden. Diesem Synthese- Produkt wurde auf der Weltausstellung 1900 In Paris bescheinigt, daß es „... in jeder Beziehung konkurrenzfähig gegen den Pflanzenindigo (ist: R. S), und es... keinem Zweifel unterliegt, daß letzterer mit der Zeit verdrängt und durch das Kunstprodukt ersetzt werden wird" (29). Unmittelbar nach der Jahrhundertwende sah sich Deutschland bereits in der Lage, die Einfuhr von Naturindigo um mehr als die Hälfte zu reduzieren. Es wurde deutlich, daß der von Lohn-, Transport- und Verarbeitungskosten sowie von den jeweiligen Erntebedingungen abhängige Preis des Naturindigo dem des billigeren Syntheseproduktes nicht mehr gewachsen war. Zur Regulierung der Marktanteile und zur Ausschaltung unliebsamer Konkurrenz schlössen 1904 die an der Entwicklung der Indigo- Synthese vorrangig beteiligten Firmen BASF und Hoechst eine Indigo-Konvention ab. Der Hoechster Industriechemiker Pfaffendorf charakterisierte die zu dieser Übereinkunft führenden Überlegungen mit den folgenden Worten: „... die damaligen Leiter von Hoechst und Ludwigshafen mußten sich sagen, daß das Geschäft in der phantastischen Höhe nur so lange aufrecht zu erhalten war, als ein voller Patentschutz bestand. Auch für das Farbengeschäft galt der alte weise Spruch: .Divide et Impera'. In einem reichhaltigen Sortiment liegt eine starke Abwehrwaffe gegen die Konkurrenz, die nicht in der Lage ist, bei wesentlich geringerem Gesamtumsatz aüe Produkte anzubieten. Viele Farbstoffe werden konkurrenzfähig, weil die Größe ihrer Produktion unter die Grenze der Wirtschaftlichkeit fällt. Ganz anders ein Produkt wie Indigo, dessen Herstellung auch dann noch lohnt, wenn man nur einen Bruchteü des Marktes, vieüeicht nur den des eigenen Landes, erobern kann" (30). Mit der industriellen Massenproduktion von Synthese-Indigo gingen die Indigo- Pflanzungen in den traditionellen Hauptanbaugebieten (Sundainseln, Bengalen) deutlich zurück. Betrug der Preis des synthetischen Indigo im Jahre 1897 noch 16 Mark und der des Naturproduktes zwischen 18 und 20 Mark, so fiel dieser 1928 für das Syntheseprodukt mit 2,70 Mark deutlich niedriger aus. Mit diesem Preisabfall vermochte das Naturprodukt nicht mehr zu konkurrieren. Allerdings verliefen ab der 30 er Jahre auch die Produktion und die Ausfuhr von Synthese-Indigo rückläufig, da sich andere und beständigere Küpenfarbstoffe, insbesondere die Indanthren-Farbstoffen, anschickten, nunmehr ihren Siegeszug anzutreten. Dennoch ist auch heute noch die blaue Farbe des Indigo, des wohl ältesten organischen Farbstoffs überhaupt, vieler Orts begehrt. Als ein frühes Beispiel intensiver Wechselbeziehungen zwischen chemischer Wissenschaft und Industrie in Deutschland stellt der Indigo- Farbstoff einen Meüenstein in der Wissenschafts- und Unternehmensgeschichte dar. Daran erinnert zu haben, war Anliegen meines Beitrages auf dieser Konferenz.