Technikatörténeti szemle 19. (1992)

KÖNYVISMERTETÉS - Papers of the First „MINERALKONTOR” International Conference on the History of Chemistry and Chemical Industry (Veszprém, 12-16 August, 1991)

Diese Strukturformel, die von Baeyer mehrfach verbessert und durch Experi­mente verifiziert worden war (26), bildete einen Höhepunkt in der wissenschaft­lichen Indigoforschung. Das technische und ökonomische Problem ihrer industriellen Umsetzung war aber damit noch nicht gelöst. Im Gegenteil! Ein Bün­del von Problemen, z. B. Schwierigkeiten bei der Herstellung benötigter Ausgangs­produkte, ungenügende Ausbeuten oder kaum zu reproduzierende Zwischenreaktionen, stellten sich den Industriechemikern und Verfahrenstechni­kern immer wieder in den Weg. Dazu kam der relativ niedrige Preis des Natur­produktes, der sich von vornherein für ahe Synthesemethoden als limitierend erwies. Baeyer selbst ist den mühevollen und steinigen Weg der Überführung seiner Erkenntnisse nicht bis zum Ende mitgegangen. So resümierte er im Jahre 1905: „1885 war ich infolge der angestrengten Tätigkeit auf dem Indigo-Gebiet so ermüdet und hatte eine solche Abneigung, damit weiter, zu arbeiten, daß ich nach Abwechselung suchen mußte" (27). Als sichtbare Ergebnisse dieser .Abwechselung" sind in dieser Zeit Baeyers Spannungstheorie sowie wertvolle Experimentalarbeiten über langkettige Kohlen­wasserstoffe, über Phthalsäure und Terpene entstanden. (28). Dem Wissenschaftler Baeyer war also die industrielle Umsetzung seiner Er­kenntnisse nicht vergönnt. Dies blieb bekanntlich dem in Zürich wirkenden Hoch­schulchemiker Karl Heumann (1851—1894) vorbehalten. Dessen Beobachtung, daß beim alkalischen Schmelzen von Phenylglycin Indoxyl entsteht, leitete eine neue Phase der Indigo-Forschung ein. Im Grunde genommen war aber auch die­ser Weg lediglich eine Modifikation des von Baeyer 1869 formulierten Synthese­Konzeptes, das die Verknüpfung von zwei Kohlenstoff-Atomen mit einem Stickstoff- Atom in einer Ringschluß-Reaktion vorsah. Bekanntlich erwiesen sich für die chemische Industrie die sog. „1. Heumann­sehe Synthese" wie auch das nur wenig später entwickelte 2. Heumannsche Ver­fahren als wesentlich aussichtsreicher als die grundlegenden Arbeiten von Baeyer. Denn die nach Heumann benötigten Ausgangsprodukte Anilin, Anthranilsäure, Es­sigsäure und Alkalien standen der chemischen Industrie billig und in ausreichen­dem Maße zur Verfügung. Als günstig erwies sich auch, daß der in der Deutschen Gold- und Süber-Scheide-Anstalt (Degussa) in Frankfurt/ Main tätige Industrie­Chemiker Johannes Pfleger (1867—1957) um 1900 bei Untersuchungen auf ei­nem anderen Arbeitsgebiet die schonende Kondensationswirkung von Alkaliamiden entdeckte. Eine Übertragung dieser Methode auf das 1. Heumanns­che Verfahren bot sich geradezu an, denn die bis dahin einzuhaltenden höheren Kondenstanionstemperaturen beeinträchtigten die Ausbeuten beträchtlich. Die Farbwerke Hoechst übernahmen als erste diese Ergebnisse und führten das mo­difizierte Verfahren nach Heumann und Pfleger zur technischen Reife. Die Badische Anilin- und Soda-Fabrik konzentrierte sich dagegen auf Grund ihrer langjährigen Erfahrungen und ihres bewährten Produktionsprofil auf die 2. Heumannsche Synthese. Dabei spielte eine Reihe von Überlegungen eine Rolle. So hatte der In der Badischen Anilin- und Soda-Fabrik tätige Industriechemiker Eu­gen Sapper um 1896 das erste katalytische Phthalsäure- Flüssigphasen- Verfah­ren entwickelt. Dieses bot in Verbindung mit dem von dem Ludwigshafener Industriechemiker Rudolph Knietsch zur technischen Reife geführten Schwefel-

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