Technikatörténeti szemle 19. (1992)
KÖNYVISMERTETÉS - Papers of the First „MINERALKONTOR” International Conference on the History of Chemistry and Chemical Industry (Veszprém, 12-16 August, 1991)
Auffindung neuer Reactionen die Grundlagen und Hülfsmittel zur Eröffnung neuer Forschungsgebiete zu gewinnen und schliessen sich damit den der Pflege reiner Wissenschaft gewidmeten Arbeiten an. Allein sie müssen weiter gehen a's letztere: sie dürfen sich nicht wie diese mit der Constatirung einer Thatsache, einer Beziehung oder Gesetzmäßigkeit, mit der Auffindung eines neuen Körpers und der Untersuchung desselben begnügen. Für die Technik reichen Methoden nicht aus, sie braucht Verfahren und zwar technisch ausführbar. Sie hat mit einem Factor zu rechnen, der für die Wissenschaft gänzlich außer Betracht bleibt, nämlich mit einem seiner oberen Grenze nach gegebenen Herstellungspreis des darzustellenden Endproductes... Wenn die erzielten Resultate einer solchen Arbeit den Bedingungen, welche die Technik stehen muß, nicht entsprechen, so müssen sie, ungeachtet ihres etwaigen wissenschaftlichen Werthes, bei Seite gelegt werden, und die sie betreffenden Aufzeichnungen werden meistens in den Archiven der Fabriken begraben, wo sie, wenn auch mit der Erwartung auf spätere Neubearbeitung, ruhen, häufig ohne gesicherte Aussicht, je eine Auferstehung zur allgemeinen Kenntnis feiern zu können. Nur diejenigen Fortschritte und Erfolge technischer Arbeiten, welchen praktische Bedeutung zuerkannt wird, und für welche man wirksame Patente zu erhalten hofft, werden der Öffenüichkeit übergeben" (22). Insbesondere die letzte Feststellung traf für die Indigo-Synthese in besonderem Maße zu. Denn erst mit dem am 19. März 1880 von Baeyer angemeldeten Patent (DRP 11 857) zur Darstellung von Indigo aus o-Nitrozimtsämedibromid hatte, wie der Industriechemiker und damalige technische Direktor der Badischen Anilin- und Soda-Fabrik Ludwigshafen Heinrich Brunck (1847—1911) schrieb „... die Indigofrage für die Technik concrete Gestalt angenommen. Die Orthonitrophenylpropiolsäure war ein Derivat der Zimtsäure, diese konnte nach der Perkinschen Reaction aus Benzaldehyd gewonnen werden, und letzterer war bereits seit der Einführung des Bittermandelölgrüns ein in der Teerfarbenindustrie viel benutztes Product, das sich mit Leichtigkeit aus Toluol hersteüen leiß. Die Badische Anüin- und Soda-Fabrik und die Farbwerke vorm. Meister, Lucius & Brüning in Höchst a. Main erwarben die Patente Baeyers und begannen nun im Verein mit dem Erfinder die technische Bearbeitung des Gegenstandes, welche einen Zeitraum von fast 20 Jahren beanspruchen sollte" (23). Dies erfolgte mit hohem Aufwand und großer Intensität. Zwischen 1880 und 1903 wurden in Deutschland auf dem Indigogebiet nahezu 200 Patente und Anmeldungen registriert. Und die beiden führenden Unternehmen, die Badische Anilin- und Soda-Fabrik in Ludwigshafen und die Farbwerke in Hoechst, investierten zwischen 1875 und 1895 nahezu 30 MüTionen Goldmark in ein industriell durchführbare Indigo-Verfahren. Baeyer, dem es in erster Linie um die Anwendung seiner wissenschaftlichen Ergebnisse ging, beförderte diesen Prozeß mit Rat und Tat. Es ist kennzeichnend für sein vertrauensvolles Verhältnis zur chemischen Industrie, daß er am 3.8.1883. als erstem dem BASF Vorstandsmitglied Heinrich Coro in einem persönlichen Brief die von ihm aufgedeckte Struktur des Indigos mitteüte (24), bevor er offiziell in den „Berichten der Deutschen Chemischen Gesellschaft" darlegte, daß er den Platz eines jeden Atoms im Molekül (des Indigos: R S.) ... auf experimentellem Wege festgestellt (habe: R S)" (25).