Technikatörténeti szemle 19. (1992)

KÖNYVISMERTETÉS - Papers of the First „MINERALKONTOR” International Conference on the History of Chemistry and Chemical Industry (Veszprém, 12-16 August, 1991)

inen Schülern, eine große Reihe von Abhandlungen über dieses Gebiet." (13). Hier spielen moralischen Beziehungen im Lehrer- Schüler-Verhältnis sowie das Wissenschaftsethos und -Verständnis der in der hierarchisch aufgebauten Wis­senschaftspyramide tätigen Gelehrten eine Rohe, die wir heute angesichts des ungeheuren Konkurrenzdrucks nur noch schwer nachvoüziehen können. Sicher ha­ben zu dieser Unterbrechung auch Baeyers Berufung nach Straßburg (1872) und München (1875) und die damit verbundenen neuen Anforderungen ebenso beiget­ragen wie die von ihm entdeckten Phthaleinfarbstoffe, denen er sich in dieser Zeit besonders intensiv widmete. Sei es wie es sei! Erst nach einer Wartezeit von sieben Jahren, in der keine neuen Arbeiten seines Lehrers Kekule' über Indigo erschienen und auch niht mehr zu erwarten waren, hielt sich Baeyer als für moralisch berechtigt, seine in den 60 er Jahren so erfolgreich begonnenen Indigoforschungen wieder aufzunehmen. Den äußeren Anlaß dazu bot eine Veröffentiichung des Hofmann-Schülers und Farbstoffchemikers Rudolf Nietzki (1847—1917), der 1877 über Versuche mit Anüin-Derivaten berichtete (14). Diese berührten das Synthesekonzept Baeyers aus dem Jahre 1869 in gravierender Wiese. Eue war also geboten! Und so sach sich Baeyer zusammen mi dem Industrie­chemiker Heinrich Carol 1877 unverzüglich veranlaßt, in einre prioritätssichren­den 20-ZeUennotiz. „... die Mitteilung zu machen, daß der Eine von uns schon einige Zeit vor dem Einlaufsdatum der Nietzkischen Notiz den betreffenden Versuch mit Äthyla­nüin angestellt und dabei Indol erhalten hat" (15). Daß Baeyer und Coro mit dieser Notiz die Arbeiten von Nietzki keinesfalls behindern wollten, geht auch aus ihrer Bemerkung hervor, „Herrn Nietzki bei der Durchforschung des von ihm gewählten Arbeitsfeldes nicht hinderlich zu sein, sondern daß sie nur die Berechtigung zu haben (wün­schen: R. S.), die BUdung des Indols aus Anüinderivaten zu verfolgen und das nach dieser Methode leichter zugängliche Indol einer genaueren Untersuchung unterwerfen zu dürfen, nachdem der Eine von uns, wegen der Schwierigkeit, das Material zu beschaffen, die Untersuchung dieses Körpers längere Zeit hat ruhen lassen müssen" (16). Die Ergebnisse ließen nicht lange auf sich warten. Bereits 1877 glückte Baeyer die Synthese von Indol aus Anüinderivaten (17). Ein Jahr später (1878) gelang die DarsteUung von Oxindol aus o-Nitro-phenylessigsäure sowie aus o-Ami­nophenylessigsäure (18) (19). Und am 6. Juni 1878 kam Baeyer in einer Mehrs­tufenreaktion über die Phenylessigsäure zu dem begehrten Isatin (20). Damit schien der Kreis endgültig geschlossen zu sein, denn Baeyer war es ja bereits acht Jahre zuvor gelungen, Isatin zu Indigo umzusetzen (21). Jedoch mußte Baeyer wie auch andere Hochschulchemiker erkennen, daß die wissenschaftliche Lösung im Labormaßstab keinesfalls ihre industrielle Umset­zung einschließt. Baeyer hat den Unterschied zwischen Hochschulgrundlagen- und angewandter Industrieforschung sehr klar erkannt, als er im Jahre 1900 schrieb: „Die in den Laboratorien der Farbenfabriken ausgeführten Arbeiten haben zum Ziel die Erreichung technisch verwertbarer Resultate. Sie richten sich so­wohl auf die Aufklärung und Ermittlung des Verlaufs einer Reaktion, auf die Er­kenntnisse der dabei etwa entstehenden Zwischenprodukte, sie suchen auch durch

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