Technikatörténeti szemle 19. (1992)

KÖNYVISMERTETÉS - Papers of the First „MINERALKONTOR” International Conference on the History of Chemistry and Chemical Industry (Veszprém, 12-16 August, 1991)

GÜNTER P. SCHffiMENZ* GOODBYE, KEKULE7 EINE ANAMNESE DER LOSCHMIDT-LEGENDE 1989 trat WJ. Wiswesser mit einer Sensation an die Öffenttichkeit: Nicht A. Kekule 1865 sondern bereits J. Loschmidt 1861 habe die richtige, nämlich mo­nocyclische Struktur des Benzols formuliert. Die Neuigkeit erschien posthum in Aldrichimica Acta und 1990 in deutscher bzw. tschechischer Übersetzung in der Österreichischen Chemiezeitschrift und in Chemicke Listy. Current Contents sorg­te in der Rubrik ISI Press Digest unter der Überschrift „Goodbye, Kekule" aber­mals für weitere Verbreitung. A. Bader präsentierte sie 1990 in Boston in einem Vortrag mit dem Titel ..Loschmidt, not Kekule, published first benzene ring diag­rams". Wiswessers „Entdeckung" steht am Ende der Entwicklung einer Legende, die sich im Detail verfolgen läßt. Sie begann 1912, als R Anschütz eine fast gleich­lautende Fußnote in Kekules erster Veröffentiichung über die Struktur des Ben­zols und ihrer deutschen Fassung auffiel. Kekule erwähnte hier eine gewisse Formelschreibweise Loschmidts. Anschütz recherchierte und fand Loschmidts Büchlein „Chemische Studien, I", Wien 1861. Die Schrift trägt das Impressum uWien. Druck von Carl Gerold's Sohn. 1861". Wäre Gerold, so argumentierte Anschütz treffend, der Verlag gewesen, so hätte das Impressum lauten müssen „Wien, Carl Gerold's Sohn. 1861". Druck von zeigte für Anschütz an, daß hier nicht der Verlag, sondern nur die Druckerei genannt war. Demnach fehlte eine Verlagsangabe, und Anschütz schloß, Loschmidt habe die Schrift auf eigene Kos­ten drucken lassen. Diese durchaus berechtigte Aussage hatte sich 1913 um ei­ne Nuance geändert: Loschmidt habe das höchst seltene und in Vergessenehit geratene Buch im Selbstverlag erscheinen lassen. Unter dem Eindruck der Schwierigekiten, eines Exemplars der Schrift habhaft zu werden, folgerte er hie­raus weiter, das Buch sei wenig verbreitet gewesen und also kaum zur Kenntnis genommen worden. Sieht man sich das Impressum genauer an, so ergibt sich ein anderes Büd. Die Schrift wurde in der Offizin des renommierten Wiener Verlags Carl Gerold('s Sohn) gedruckt, bei dem auch die Periodica der Kaiserlichen Akademie der Wis­senschaften und ab 1880 die Monatshefte für Chemie erschienen. Gerold fun­gierte für diese Zeitschriften als Kommissionsverlag, d.h der Verlag übernahm den Vertrieb und war nur nicht der Kapitalgeber. Für die Akademieschriften und die Monatshefte folgt aus dieser Art der Finanzierung ebenso wenig wie für Losch­»Institut für Organische Chemie der Universität Kiel, Deutschland

Next

/
Thumbnails
Contents