Weiner Mihályné szerk.: Az Iparművészeti Múzeum Évkönyvei 12. (Budapest, 1970)

IPARMŰVÉSZETI MÚZEUM — MUSÉE DES ARTS DÉCORATIFS - Molnár, László: Johan n Friedrich Böttger zur 250. Wiederkehr seines Todesjahres

betracht der verhältnismässig kurzen Zeitspanne seit dem Beginn der Porzel­lanherstellung lässt sich die künstlerische Bedeutung des roten Steinguts nur schwer bestimmen. Wenn wir aber dennoch das Auftreten der verschieden­artigen Matériáién, die europäischen Entdeckungen überblicken, ist sein Wert für die Kunst darin zu sehen, dass es der unmittelbare Vorläufer des europäi­schen Porzellans ist, dem es ein Vorbild für die Erscheinung seiner Form und seiner künstlerischen Gestaltung gab. Die ersten leicht zerbrechbaren Tassen, die chinesischen Formen stellten selbst für die Herrscherklassen noch nicht die volle Ausgestaltung eines wirkli­chen Gebrauchsporzellans dar. Im Interesse zunehmender Erzeugung musste gleichsam aus dem Nichts innerhalb kurzer Zeit ein Kanon für Gebrauchs­fähigkeit, Form und Schmuck, mit einem Wort ein Kanon der Porzellankunst geschaffen werden, der dem europäischen Geschmack entsprach. Für das Ge­lingen dieser Aufgabe wurden unter andern jene berühmten Maler wie Johann Christoph Schaffet, Johann David Stechmann und Anselm Bader 1712 zur Mit­arbeit angestellt, ebenso der schon früher hier tätige Blumenthal und 1715 der Dresdener Zeichenlehrer Jonathan Pabelbaum. Diese kleine Malergruppe ist aber allen Bemühungen zum trotz kaum in die Welt der Porzellanmalerei ein­gedrungen. Die Kompositionen ihrer Dekors, ja ihre Maltechnik selbst dürfen keineswegs als hochrangig bezeichnet werden, bestenfalls als ehrlich bemühte „Pionierarbeit", wenn man sie mit dem vergleicht, was kaum ein ganzes Jahr­zehnt später von Johann Gregor Harold (1696—1775) geschaffen wurde, der das Niveau der jungen europäischen Porzellanmalerei zu allerhöchstem Rang er­hob, und der sich als Maler dem edelsten Material würdig erwies. Vor seiner Zeit war auch die Farbskala äusserst bescheiden, man verwendete kaum vier Farben. An dieser Stelle halten wir es für notwendig, auf die am Anfang unse­rer Studie geschilderten Verhältnisse, den Stand der Wissenschaften und das Aufkeimen neuer Gedanken hinzuweisen, unter denen die wiederholte Anwen­dung rationaler Wissenschaften ebenfalls mitwirkte an der Formung der Ge­sellschaft. Auch die Entdeckung des Porzellans war ein Resultat jener Kräfte, aber das neue Material erforderte wieder neue Untersuchungen auf dem Gebiet der chemischen Wissenschaften, der Farbenerzeugung und der Wärmelehre für den Ausbau entsprechender Öfen und die Erforschung der für die chemischen Verbindungen notwendigen Matériáién. Wenn wir einen Schritt bei der Unter­suchung der Probleme innerhalb der Kunst weitergehen, so musste man dort, wie bereits skizziert, ebenso in seiner Art zeitgemässes neuwertiges schaffen, das mit seinem edlen Material den Anforderungen der hohen Kunst in Form und harmonischem Schmuck gerecht wurde. Als Material spielt das rote Steingut vor der bahnbrechenden Entdeckung des Böttgerschen Porzellans nicht nur eine Rolle bei der Ausbildung der Ge­schirrformen, auch die einigen Plastikwerke, die wiederholt nachgeahmt wur­den, galten ab Vorbild bei der Frage nach materialgerechter Formgebung. Ähn­lich verhält es sich bei der Entstehung der ersten Porzellanfiguren, die wiede­rum Nachbildungen der chinesischen Götterfiguren und Callots humoresken Kompositionen mit dem neuen Material darstellen. Die Zeit drängte Böttger, so konnte er nicht bis zum Aufkommen des vollendeten deutschen ,,Genre" warten, sondern führt schon 1710 seine, im Verhältnis zu den späteren Schöp­fungen als anfängliche Versuche zu betrachtenden Figuren auf der Leipziger Messe vor. Als einen der grössten Bahnbrecher der eigenständigen Porzellan­plastik würdigen wir den seit 1712 neben Böttger zuerst als Former, später als

Next

/
Thumbnails
Contents