Weiner Mihályné szerk.: Az Iparművészeti Múzeum Évkönyvei 12. (Budapest, 1970)

IPARMŰVÉSZETI MÚZEUM — MUSÉE DES ARTS DÉCORATIFS - Molnár, László: Johan n Friedrich Böttger zur 250. Wiederkehr seines Todesjahres

herrschaftliche Gründung, auch sind noch keine hundert Jahre vergangen, seit sie ins Leben gerufen wurde. In ihrem Gebäude — ein hervorragendes Werk des heimischen Sezessionstils — verwahrt man unter anderen wertvolle Gold­schmiedearbeiten und Trachtenstücke des Esterházy-Schatzes, zahlreiche kop­tische Gewebe der Textilsammlung, das europabekannte flämische Gobelin „Die Geburt Christi" und der dekorative „Medici"-Teppich. Von nicht gerin­gerer Bedeutung sind die französischen Möbel aus dem 18. Jh. und die kunst­vollen Buchbindearbeiten des Mittelalters. In der auch ihrem Umfang nach imposanten Keramik- und Glassammlung nehmen das Meissner Geschirr und die Meissner Porzellanfiguren nur einen geringen Platz ein neben den italieni­schen Renaissancemajoliken, den seltenen östlichen Porzellanen und den Wert­objekten der heimischen Keramikkunst. Leider kann sich die Sammlung nicht eines einzigen Stückes rühmen, das aus dem ersten europäischen, dem chinesi­schen schneeweissen Muster wirklich gleichenden Porzellan der Böttgerschen Manufaktur in jenen ersten Jahren entstanden wäre. Um eine Erklärung dafür zu finden, müssen wir die Ursache unbedingt in den Umständen und dem Zeit­punkt der Gründung des Museums suchen, ebenso wie in den Verhältnissen der damaligen Gesellschaft und der heimischen Kunst. In den Jahren nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867, in dem Zeitabschnitt der auch für die Entwicklung des Kunstgewerbes bedeutungsvollen Weltausteilungen, verlagert sich die Tendenz der Sammlung auf moderne Meisterstücke, in erster Linie der Gewerbekunst und hier wiederum der Keramik. Mit höchster Wahr­scheinlichkeit lässt sich sagen, dass in dem länger bestehenden Zeitabschnitt der halbkolonialen Verhältnisse innerhalb des österreichischen Herrschafts­gebietes man die Vergrösserung der Meissner Sammlung nicht sonderlich be­günstigte. Wenn aber auch in der Sammlung des Museums die roten Steingut­und Porzellangegenstände Böttgers fehlen, so wären doch bei dieser Gelegen­heit die vielen Geschirre und Figuren zu erwähnen, die das erste grosse Zeit­alter der Meissner Manufaktur vertreten. (Die Problematik der Kunst) Wenn wir die Entstehung des europäischen Porzellans Johann Friedrich Böttger zuschreiben und in seiner Person den eigentlichen Erfinder würdigen, so sollten wir doch die künstleri­schen Problems des neuen Materials, die Entfaltung einer eigenen individuel­len Formenwelt nicht ausseracht lassen. Böttger war kein Künstler, er hat sich in dieser Richtung höchstens soweit befasst, dass er die Tendenzen der Kunst­bestrebungen seiner Zeit erkannte und ihnen die Möglichkeit gab, sie in den ersten Jahren zu verwirklichen. Der Entwurf neuer Formen und Schmuck­motive war keine leichtere Aufgabe, als die aufregenden Arbeiten in der Ab­geschlossenheit des Laboratoriums mit den mühseligen und erfolglosen Expe­rimenten. Hier sollte kurz das entstandene Material, das rote Steingut näher betrachtet werden. Zugleich mit der Frage nach der Form steht sich dabei das Problem, die Ansprüche des europäischen Menschen der ersten Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts zu erfüllen. Die Neuartigkeit des Materials und die zahl­reichen neuen Bearbeitungsmöglichkeiten von Böttgers rotem Steingut ver­halfen noch nicht allein der europäischen Kunst zu einem grösseren Form­reichtum. Die in den ersten Jahren hergestellten Tee-, Kaffe- und Schokolade­service, die Platten, Schüsseln, Dosen, Vasen und Krüge waren grösstenteils nach chinesischen Mustern gearbeitet. Es wurde schon erwähnt, dass Böttger nicht künstlerisch veranlagt war, und so glaubte er, den chinesischen Formen

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