Weiner Mihályné szerk.: Az Iparművészeti Múzeum Évkönyvei 12. (Budapest, 1970)

IPARMŰVÉSZETI MÚZEUM — MUSÉE DES ARTS DÉCORATIFS - Molnár, László: Johan n Friedrich Böttger zur 250. Wiederkehr seines Todesjahres

folgen zu müssen, und arbeitete in annähernder oder voller Nachahmung der gegebenen Muster, denn hierin sah er die Möglichkeit den roten Steingutgegen­ständen Wert zu verleihen. Wenn wir nun die Kunst mit der Gesellschaft in Verbindung stellen und der Frage nach der praktischen Verwendbarkeit und wiederum zu der Funktion der Kunst zurückkehren, so müssen wir in dem sich schliessenden Kreis den Standpunkt Böttgers als richtig und rational anerken­nen. Die chinesischen Formen erwiesen sich jedoch als von geringem Wert, und deshalb betraute man Johann Jakob Irminger (gest. 1721), den bedeutenden Goldschmiedekünstler des Hofes, mit der Anfertigung von Plänen und Model­len. So wurden als Ergebnis eines anderen Kunstzweiges die Formen des Gold­und Silbergeschirres jener Zeit auf das Porzellan übertragen. Etwas anderes hatte sich Böttger auch nicht von der Tätigkeit Irmingers erwartet, nachden ihm dessen Fachausbildung bekannt war. Hier stellt sich der Forschung die Frage, wieso man sich damals nicht gleich den europäischen Keramikformen, beispielsweise der französischen oder holländischen Fayence zugewandt hat, die einerseits von den in Europa herrschenden Klassen anerkannt waren, und die andererseits als Fayencen mit weisslicher Glasur und farbiger Verzierung, leuchtend blauen oder purpurfarbenen Landschaftsbildern, dem schneeweissen Porzellan näher verwandt gewesen wären. In diesem Fall dürfte wohl kaum die Geheimhaltung als Grund dafür zu suchen sein, denn Fayencegeschirr war über ganz Europa hin verbreitet und auch an den Hof des sächsischen Kurfür­sten gelangt. Man könnte annehmen, dass man um jeden Preis etwas neues erfinden wollte, aber das führt ebensowenig zu der Lösung der Frage, denn auch die chinesischen Formen waren schon früher bekannt, und bedeuteten selbst in Bürgerkreisen keineswegs eine Neuerrungenschaft. Letztenendes war aber gerade die nach dem östlichen Muster gebildete Formenwelt bei dem roten Steingut Böttgers vorherrschend, da sich die Geschmackansprüche in jener Rich­tung als nostalgisch erwiesen. Der Schmuck wurde beeinflusst von der Schmuck­technik der Glas- und Edelsteinbearbeitung unter Verwendung des Ornamen­talstils der Zeit Ludwig des XVI. So lassen sich die ungelösten Probleme der Ausdrucksformen in jenen ersten Jahren durch die Konzeption Böttgers und mit der Inanspruchnahme durch experimentelle Arbeiten an dem Porzellan erklären. Nicht anders verhält es sich bei den Fragen der Plastik, als man nach dem Vorbild der Zeichnungen des französischen Jacques Callot Figuren an­fertigte, oder die kleinen Statuen der italienischen „Commedie" nachbildete. Auffallend ist, dass gerade zu jener Zeit sowohl in den deutschen Fürsten­tümern als auch in den umhegenden Ländern mehrere bedeutende Skulpteure tätig waren. Bei der Ausschmückung des Geschirrs sind jedoch mehrere Ab­weichungen, eigenständig europäische Züge zu beobachten. Die für das chine­sische Porzellan charakteristische, vollkommen geschlossene, glatte Fläche wurde in der Meissner Werkstätte von drei, voneinander visuell vollkommen verschiedenen Schmuckmotiven verziert. Die Schmuckelemente der plastischen Masken, Grotesken, van Akanthen und Volute wie auch die der Metallformen, beanspruchten ohnehin nur die einfachsten der zahlreichen technischen Ver­fahren. Denn diese Schmuckarten gaben allein schon in ihrer Form ein Muster ab, und konnten leicht der Oberfläche angefügt werden. Verhältnismässig komplizierter war die Technik der weitverbreiteten französischen Barockver­zierung, die sich ähnlich wie beim Schleifen des Glases in konkaven Formen herausgebildet hatte. Für dieses Verfahren wurden die damals berühmten böh­mischen Glasschneidemeister angestellt. Was könnte die Volkstümlichkeit und

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