Weiner Mihályné szerk.: Az Iparművészeti Múzeum Évkönyvei 12. (Budapest, 1970)

IPARMŰVÉSZETI MÚZEUM — MUSÉE DES ARTS DÉCORATIFS - Molnár, László: Johan n Friedrich Böttger zur 250. Wiederkehr seines Todesjahres

mer breitere Massen in die rationale Denkweise ein. Dies sind die Jahrzehnte, in denen die Theologie — wenn auch nicht kampflos — ihren Platz an die an­gewandten Wissenschaften, die technischen Erkenntnisse, die Chemie, die Geo­logie weitergibt, die wiederholt die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler und Forscher auf die Wirklichkeit, die Natur hinlenkten. Das Porzellan — oder wie man es zu jener Zeit nannte — das „chinesische Wunder" war seit vielen Jahrhunderten in dem Bereich der europäischen Herr­scher nicht unbekannt, aber aufgrund eigenen Kosten — es war nämlich ebenso wertvoll wie das Gold — nahm es auch in den Fürstensälen einen wohlbehüte­ten und geachteten Platz ein. Die Reihe der Versuche und Experimente wurde in der Geschichte der Keramik des 15—18. Jahrhunderts in Erinnerung be­wahrt, aber in dieser Zeit war es nicht gelungen das schneeweisse eigentliche chinesische Hartporzellan herzustellen. Obwohl die Keramikkunst und -tech­nologie in diesen Jahrhunderten um zahlreiche neue Matériáién, Glasuren und Schmuckverfahren bereichert wurde, angefangen von der italienischen Majo­lika über die französische Fayence bis zur Haban-Keramik, blieb die Herstel­lung des Porzellans doch auch weiterhin Wunsch und Traum. Die Erfindung des Porzellans ist ohne die Wissenschaft, die Zunahme der chemischen Erkennt­nisse und das systematische Studium der Minerale einfach unvorstellbar. Der Erfinder Böttger selbst verliess nicht mit dieser Zielsetzung die Berliner Zorn­Apotheke, nicht deshalb lernte er an der Wittembergischen Universität, um schliesslich in Dresden als Gefangener des grossmächtigen Fürsten das Porzel­lan herzustellen. Was ihm vielleicht vorschwebte, war die Erfindung der Her­stellung von Gold, um auf diese Weise seine schwere Lage zu erleichtern. Als Ergebnis der jahrelang erfolglos durchgeführten Versuche entdeckte er das rote Steingutmaterial, was einer der bedeutendsten Schritte zu der Gewin­nung des unerreichbaren chinesischen Porzellans war. In den ersten Jahren des 18. Jahrhunderts entwickelte sich das Gewerbe auf deutschen Gebiet langsamer als in England, Frankreich, in den Nieder­ländern oder Schweden. Die Blütestätte der alten Handwerkmeisterschaften: Augsburg, Nürnberg und München verloren schon im 17. Jh. an Bedeutung. In zunehmenden Massen wird die Erzeugung der Zünfte in kapitalistische Gewerbemodelle eingeengt, neue Zentren, grössere Manufakturen entstehen. Dennoch ist in den meisten Teilen Deutschlands noch im 18. Jh. die Zunft­ordnung das dominierende System. Eine schnellere Entwicklung wurde im grossen Masse durch das Leibeigenschaftssystem erschwert, das den nötigen Zustrom der Lohnarbeiter zu den Manufakturen behinderte. Der sog. preussi­sche aufgeklärte Absolutismus blieb in jeder Hinsicht hinter den Herrschafts­systemen der entwickelteren westlichen Länder zurück, sei es in Hinblick auf allgeimeinen Fortschritt der wirtschaftlichen sowie der ideologischen, philoso­phischen Anschauungen. Das zerstückelte Land war letztenendes weder den kapitalistischen Industrieentwicklungen noch den Wissenschaften gewogen. Einzig der bedeutende Philosoph, der Begründer der Berliner Akademie, Gott­fried Wilhelm Leibniz, dem, es zuteil wurde, dass man seine mathematischen und philosophischen Werke veröffentlichte. Allerdings hatte der preussische Soldatengeist seinen Stempel auf seine Konzeption gedrückt, der bewirkte, dass der mechanische Materialismus von Hobbes und Spinoza abgelehnt wird, und dieser so neben der existierenden Wirklichkeit, der Ergebung in das unveränd­bare Gesellschaftssystem in seinen Werken Platz einnimmt. Sein Freund ist

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