Weiner Mihályné szerk.: Az Iparművészeti Múzeum Évkönyvei 11. (Budapest, 1968)

IPARMŰVÉSZETI MÚZEUM — MUSÉE DES ARTS DÉCORATIFS - Szabolcsi, Hedvig: Die Formentwicklung der Schreibschranktypen am Ende des 18. Jahrhunderts

Sämtliche Möbel, aus welchen seit der Spätrenaissance die Schreibschrank­typen des 18. Jahrhunderts sich ausgebildet haben, waren — wenn sie auch irgendwelchen Gebrauchswert hatten — bis zur ersten Hälfte oder Mitte des 18. Jahrhunderts — vor allem Prunkmöbel. Die Funktionsänderung, ihre Umänderung zu ausgesprochenen Gebrauchsmöbeln wurde in Mitteleuropa in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts von dem Vorstoss der bürgerlichen Lebensform, vom Rationalismus der Aufklärung erzwungen. Aus dem Prunk­möbel der Empfangssäle wird auf diese Weise ein Gebrauchsmöbel, oder sogar ein Arbeitsmittel der Wohn- bzw. Arbeitszimmer.'­4 Der mit einem Zylinder abgeschlossene Schreibschrank mitteldeutschen Ausganges oder der Typ mit einem Rouleau ist z. B. überall, wo der Gang der bürgerlichen Entwicklung dies mit sich gebraucht hat, vor allem ein wichtiges Möbel des Geschäfts-, Handels- und des damit oft eng zusammenhängenden intellektuellen Lebens geworden. Es ist kein Zufall, dass auf den Spalten des Journal des Luxus und der Moden" zweimal diesen Typ den Geschäftsmännern (in den Jahren 1787 und 1793) empfiehlt. 25 Fassen wir unsere Erörterungen zusammen, so können die Haupttypen der ungarländischen Schreibschränke zu Ende des 18. Jahrhunderts auf die folgenden Vorbildern zurückgeführt werden. 1. Der Typ Nr. 1 lässt sich auf ein englisches Vorbild — und zwar auf die in England zufolge der frühen bürgerlichen Lebensform, der Ausbildung des Handelslebens bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts entstandene Schreib­schrankform — , zurückführen, die von der englischen klassizistischen Möbel­kunst neugeplant wurde, jedoch zu uns nach Ungarn aus einer seiner früheren Phasen gelangt ist. Dieser Typ kann, obwohl es für ihn vereinzelt auch Bei­spiele aus dem Spätbarock gibt, bei uns in der Barockstilepoche kaum vor­gefunden werden und verbreitete sich im wesentlichen bloss in einer früh­klassizistischen Abfassung in den letzten beiden Jahrzehnten des 18. Jahr­hunderts. Ohne jeden Zweifel fiel darin dem zu dieser Zeit bereits institutionel­len und obligatorischen Zeichenunterricht der Handwerker und den in den Schulen einheitlich gebrauchten und unterrichteten Musterzeichnungen eine Rolle zu. 2. Die Abfassung des Typs Nr. 2 erfolgte in Augsburg, in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Da der Grossteil der Ausgaben der Augsburger Stecher und auch das von unserem Gesichtspunkt so wichtige Werk von Rumpp zu gleicher Zeit in Wien erschienen sind, fasste dieses Muster in der so stark in den Uberlieferungen der Barock-Rokokozeit lebenden süddeutschen und öster­reichischen Möbelkunst Boden und gewann sehr bald Raum. Dieser Schreib­schranktyp trägt ausgesprochen einen mitteleuropäischen Charakter, — ausser dem süddeutschen und österreichischen Kreis befinden sich ihre erhalten geblie­benen Stücke vor allem im Gebiete des Habsburgerreiches (Tschechoslowakei, Polen) und seine Wirkung reichte im Norden bis Schweden und nordöstlich bis Sankt Petersburg. Er gelangte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts 24 Z. B. auf dem Aquarell von Nikolaus Peters „Die Familie des Vollmacht Hansen in Marne" aus dem Jahre 1796: Meier-Oberist, E.: Kulturgeschichte des Wohnens im abendländischen Raum. Hamburg 1956, 240 — 241. 25 Journal des Luxus und der Moden, Weimar 1787, 359-360. Taf. 29. „Ein Engli­sches Bureau für Geschäftsmänner"; ebd. „Ein grosses Bureau für einen Geschäftsmann", 1793, 285-289. Taf. 15.

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