Weiner Mihályné szerk.: Az Iparművészeti Múzeum Évkönyvei 8. (Budapest, 1965)

IPARMŰVÉSZETI MÚZEUM - MUSÉE DES ARTS DÉCORATIFS - Koós, Judith: Parallelerscheinungen in der Tätigkeit der Wiener Werkstätte und der Budapester Werkstatt (Budapesti Műhely)

schriftstellerischer Hinsicht stets im engsten Kontakt mit dem modernen Leben bleiben und mit dem Zeitgeschehen Schritt halten, um jeweils der zeitgemäßesten Formensprache Ausdruck verleihen zu können und diese selbst maßgebend zu gestalten. Die leitende Stellung der Wiener Werkstätte als Wegweiser und Neuerer machte sich vor allem in den Anfangsjahren nach ihrer Gründung in weiten Kreisen zweifellos nachdrücklich geltend und be­merkbar, selbst wenn sich diese bahnbrecherische Tätigkeit in den unter­schiedlichen Begabungen recht eingenartig und differenziert offenbarte. Die Wiener Werkstätte war dem Wesen nach eine Gemeinschaft kunstgewerbli­cher Werkstätten, in denen Entwurfstätigkeit und Ausführung Hand in Hand gingen, das Handwerkliche mit der modernen Technik und dem Künstleri­schen enge Beziehungen einging, zu einer Zeit, als die Erneuerung der Fabriks­industrie und des Kunstgewerbes in ganz Europa zu einem zentralen Problem heranwuchs. In diesen Werkstätten war der Künstler, auch wenn er nicht selbst seine Entwürfe ausführte, bei deren Verwirklichung persönlich zugegen und überwachte diese mit nie erlahmender gewissenhafter Sorgfalt, was an sich für die Verwendung einwandfreien Materials und der besten Arbeits­kräfte bürgte. Freilich bestimmten die in den beiden Ländern vorhandenen, stark von einander abweichenden, konkreten historischen Voraussetzungen und wirt­schaftlichen Gegebenheiten zugleich auch die grundlegenden Unterschiede in der Entstehung und Entwicklung der beiden Werkstätten. Dem industriell hochentwickelten und auf weit zurückgehende Überlieferungen anknüpfenden Österreich standen im politisch und wirtschaftlich unterdrückten Ungarn ganz andere Vorbedingungen gegenüber. Die Reichshauptstadt Wien hatte eine sehr beachtliche kunstgewerbliche Vergangenheit hinter sich, was besonders auch für die Innendekoration und Wohnkultur gilt. Gesellschaftliche Ansprüche, die in ihrer fortlaufenden Entwicklung keine wesentliche Unterbrechung erfuhren, ließen im Laufe der Jahrhunderte Meisterwerke des Kunsthandwerks entstehen. So konnte sich die Wiener Werkstätte, wenn auch unter grundlegend veränderten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen, auf fest verankerte und folgerichtig entwickelte Überlieferungen stützen. Diese differenzierten gesellschaftlichen Ansprüche erklären auch das weitgespannte Betätigungsfeld, das der namhaften Künstlerkollektive der Wiener Werk­stätte in stofflicher und technischer Hinsicht sowie in der Vielfalt der kunst­gewerblichen Zweige und Gattungen zur Verfügung stand. Die gemeinsamen und auf einander abgestimmten Zielsetzungen der verschiedenen Einzel­werkstätten riefen nach der Jahrhundertwende die Wiener Werkstätte ins Leben, die neben der Befriedigung des recht ansehnlichen Inlandsbedarfes auch eine rege Exporttätigkeit entfaltete. Die Gründung der Budapester Werkstatt erfolgte unter wesentlich an­ders gearteten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen. Auch lagen ihrer Entstehung anderweitige gesellschaftliche Ansprüche zugrunde. Manche ungarische Kunstgewerbler, vornehmlich Keramiker, hatten sich in der Wiener Werkstätte herangebildet oder vervollkommet. Allerdings war auf den verschiedenen Gebieten des Kunsthandwerks die Entwicklung nicht gleichmäßig vorangeschritten und Anfang des Jahrhunderts fehlten noch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Grundlagen und Gegebenheiten zur Errichtung mehrerer Werkstätten. Die einheitlichen Bestrebungen der zahl­reichen und eine umfassende Tätigkeit entfaltenden Wiener Werkstätten

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