Tanulmányok Budapest Múltjából 13. (1959)

Sándor Vilmos: A budapesti malomipar kialakulása, 1839-1880 = Die Entwicklung der Mühlenindustrie Budapests, 1839-1880 315-422

richtete Friedrich Werther auf seinem Betriebsgrund noch ein Dampf-und Schlamm­bad ein, und dem fügte er 1855 eine Dampfbäckerei hinzu. 1853 setzte Müllermeister und Zunftsmitglied Johannes Blum in der Was­serstadt Ofens seine Mühle in Betrieb mit 3 Mahlgängen und einer Dampfmaschine von 30 Pferdestärken, nach Wolf'schem System, und mit einer anfanglichen Arbeiterzahl von 30 Mann. 1854 war wiederum in Ofen-Neusiedl eine Dampf­mühle entstanden. Die Mühlenbesitzer, Mitglieder der Firma »Barbers Söhne«,, aus Bodenbach stammend, hatten sich Anfang der 1850er Jahre in Ofen nieder­gelassen. Für die Mühle kauften sie das Gebäude der stilliegenden Baumwollspin­nerei der »Gesellschaft der Fabrikgründer«. Das Vermählen wurde mit 6 Mahl­gängen und einer Dampfmaschine von 70 PS begonnen. 1860 begann der Pester Kaufmann Ludwig Berger mit den Einrichtungen einer Mühle, und bereits 1862 setzte er sie in der Ofner Hauptstraße in Betrieb, mit 9 Mahlgängen und 2 Dampf­maschinen von je 40 Pferdekräften. Neben den eben aufgezählten Mühlen waren auch noch einige kleinere Dampfmühlen an verschiedenen Stellen der Stadt entstanden. Unter diesen muß besondere Beachtung der an der Peripherie der Pester Theresienstadt errichteten Teufelsmühle geschenkt werden, die 1856 von dem später in Ungarn wohlbekann­ten industriellen Kapitalisten Heinrich Haggenmacher gepachtet wurde. Haggen­macher war in der Schweiz, in Wintherthur (Zürcher Kanton) geboren, betätigte sich jedoch bereits seit 1846 in Dampfmühlen der Monarchie. Die 1858 gepachtete Teufelsmühle gestaltete er zur Dampfmühle um. 1862 gab er die Pacht auf und baute eine neue eigene Mühle, mit sieben Mahlgängen. In der Zeit zwischen 1852 und 1862 waren also fünf neue Dampfmühlen entstanden, davon vier in Ofen und eine in Pest. Von den fünf Mühlen vertreten im Entwicklungsgang der Budapester Mühlenindustrie zwei — die von Johann Blum und Heinrich Haggenmacher — die organische Weiterentwicklung des. Zunftgewerbes, zwei andere — die Mühlen von Barbers Söhnen und von Ludwig Berger als industrielle Unternehmungen des Handelskapitals, den Weg der Wand­lung des Kaufmanns zum Industriellen, und schließlich ist die Friedrich Werther'­sche Mühle kennzeichnend für den Weg der Wandlung des Industriellen zum Handelsmann. Neben den Dampf mühlen gab es gegen Ende der 50er Jahre im Weichbild von Pest und Ofen mehrere sogenannte »Feldmühlen« mit Wasserantrieb, die im Werdegang der Mühlenindustrie Budapests kaum mehr irgendeine Rolle spiel­ten. Sie sahen demselben Verfall entgegen, wie die etwa 150 Schiffsmühlen der Donau (1859). Die neuentstandenen Budapester Mühlen folgten hinsichtlich maschineller Einrichtung nicht der Walzmühle, sie waren nicht mit Walzenstühlen, sondern mit Mahlgängen nach amerikanischem System ausgestattet. Die Mühlen betrieben ein sog. »hohes« Mahlverfahren, das mehr weißes Mehl ergab, als das halbhohe oder das »glatte« Mahlverfahren. Damals war Ungarn das einzige Land wo hohes Mahlverfahren betrieben wurde und die in ungarischen Mühlen hergestellten Mehlsorten waren auf dem Weltmarkt ohne Konkurrenz. Außer dem »hohen« Verfahren wurden in den Mühlen von Pest und Ofen 6—7 Feinheitssorten (0—6) hergestellt. Mehrfaches Sortieren, Sieben und Reinigen ergaben, daß das Mehl der Feinheitssorte 0 und 1 so weiß und von hoher Qualität waren, die sonst nirgends erzeugt wurden. Die Londoner Weltausstellung von 1862 brachte dem ungarischen Mehl denn auch die öffentliche Anerkennung. Die Pester Handelskammer stellt 1862 fest, daß die Budapester Mühlenindustrie »blühend« genannt werden könne und daß ihre Entwicklung große Möglichkeiten in sich berge, besonders durch die Förderung ihrer Technik und Technologie. Die tatsächliche Blüte der Pester und Ofner Mühlenindustrie wird auch durch die rasche Ausdehnung ihrer Produktion bekräftigt. Ihre Kapazität von jährlich 100 000 Meterzentner erhöhte sich bis 1862 auf 616 000 q. Hand in Hand mit der Zunahme der Produktivität wuchs auch die Zahl der maschinellen Ein­414

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