Tanulmányok Budapest Múltjából 13. (1959)
Sándor Vilmos: A budapesti malomipar kialakulása, 1839-1880 = Die Entwicklung der Mühlenindustrie Budapests, 1839-1880 315-422
auf annähernd 10 Millionen Meterzentner. Die Schleppschiffahrt mit Pferden nahm von 1850 bis 1862 auf die Hälfte ab. 1855 wurde mit der Aufschüttung des Pester Donauufers begonnen um den Schiffen die Landung zu erleichtern. 1857 wurde Pests erster Kai ausgebaut, der sich auf beiden Seiten der Kettenbrücke, in einer Länge von je etwa 100 m erstreckte. Bis 1859 baute man nördlich vom Anlegeplatz bei der Kettenbrücke den Kai noch etwa 200 Klafter weiter. 1857 wurde auch der Neupester Hafen fertig, der so bemessen war, daß er 1000 verschiedene Wasserfahrzeuge fassen konnte. Die Erweiterung und Erleichterung des Donauschiffverkehrs dienten vor allem den Exportinteressen der österreichischen Industrie, waren aber auch dem Pester Produktenhandel von Nutzen und brachten nicht zuletzt auch den Mühlen eine Erleichterung hinsichtlich der Getreidebeschaffung und der Beförderung des Mehls. Neben der Schiffahrt wurde auch der Eisenbahnbau nicht vernachlässigt. Bis 1862 war das Eisenbahnnetz Ungarns auf 1903 km erweitert worden. In der habsburgischen Monarchie war man bestrebt, Wien zum Mittelpunkt dieses Eisenbahnnetzes zu machen. Ofen und Pest betrachtete man neben Wien in dieser Hinsicht als Provinzstädte. In der zweiten Hälfte der 1850er Jahre übertraf Pest dennoch sowohl Wien als auch Prag im Eisenbahnfrachtverkehr. Der in Pest sich abwickelnde bedeutende Verkehr bewog die von österreichischen Kapitalisten geleiteten Eisenbahngesellschaften, ihre ungarländischen Eisenbahnlinien weiter auszubauen. 1861 eröffnete die Südbahngesellschaft die Linie Ofen—GroßKanizsa— Pragerhof, die über österreichischen Boden an Triest Anschluß hatte. Dadurch war für die Pester Getreide- und Mehlausfuhr der Eisenbahnverkehr mit dem Meere erschlossen. Ebenfalls 1861 wurde auch die Eisenbahn der Theißgegend dem Verkehr übergeben, wodurch die getreidereichen Gegenden jenseits der Theiß mit Pest verbunden wurden. Bisweilen der Bahn verkehr zwischen Pest und den getreidereichen Gebieten allmählich ausgebaut wurde, trat in der Versorgung der Industrie der Stadt mit Grundstoffen, also Eisen, Kohle und Holz, keine entscheidende Wendung ein. Kohle wurde auch weiterhin mit Schiff, öfter aber noch auf Fuhrwerken aus den Gruben in die Pester und Ofner Fabriken gefahren. Für die wirtschaftliche Entwicklung Pests in dieser Zeit war der Handel mit Österreich ausschlaggebend. Neben dem bedeutenden Fortschritt in dieser Beziehung blieb aber die Entfaltung des Kreditwesens sehr weit unter dem Niveau» welches für den Übergang zur kapitalistischen Wirtschaft notwendig war. Die Verordnung der österreichischen Regierung von 1852, welche die ungarischen Zustände unberücksichtigt ließ, hemmte die Entfaltung des Kreditwesens derart, daß von 1849 bis 1862 kein einziges neues Bank in Pest entstanden ist. Die 1850—1862er Jahre nahmen übrigens auch für die industrielle Entwicklung von Pest und Ofen einen recht ungünstigen Verlauf. Weder die Abschaffung der Zollgrenze zwischen Österreich und Ungarn (1851) noch die unsichere politische Lage waren dazu geeignet, die bereits notwendige technischen Umgestaltung der industriellen Produktion zu fördern. Die zunehmende Konkurrenz Österreichs und-Böhmens vernichtete vor allem die auf dem Niveau der Manufaktur stehende Textilindustrie von Pest und Ofen, war aber für das ganze Land von ähnlicher Wirkung. Ein einziger Nebenzweig der Textilindustrie, die Kattundruckindustrie konnte der Konkurrenz der österreichischen und böhmischen Fabrikindustrie standhalten. Neben der Textilindustrie war bis 1850 die chemische Industrie der am meisten entwickelte Zweig der Manufakturindustrie von Pest und Ofen. Auch die Unternehmungen dieser Art fielen eine nach der anderen, der österreichischen Konkurrenz zum Opfer. Neben dem Untergang einzelner, auf der Stufe der Manufaktur stehenden Industriezweige, waren irnmerhin auch einige neue Unternehmungen entstanden, so u. a. die Dampfmühlen. »Doch nur die Ergebnisse der künftigen Jahre werden es zeigen — kann man im Jahresbericht von 1856 der Pester Handelskammer lesen — ob, und in welchem Maße sie Entschädigung bieten werden für die bereits tatsächlich erlittenen Verluste«. 412