Tanulmányok Budapest Múltjából 13. (1959)
Sándor Vilmos: A budapesti malomipar kialakulása, 1839-1880 = Die Entwicklung der Mühlenindustrie Budapests, 1839-1880 315-422
sind, so ersieht man daraus, daß im Entwicklungsgang der Pester Dampfmaschinenfabrikation die Aachener Werkstatt eine nicht unwichtige Rolle gespielt hat. In der Reihe der Budapester Betriebe mit Maschinenkraft, verfügte die Pester Walzmühle annähernd über die Hälfte der gesamten DampfmaschinenJcraft und über 2/5 der Dampfmaschinenkraft der ungarländischen Mühlen, war also die mit der größten Dampfkraft betriebene Mühle aes Landes. In der Gesamtmonarchie der Habsburger hatte die Mühlenindustrie Wiens mit zwei Dampfmaschinen (125 Pferdekräfte) den Vorsprung vor Pest. Dennoch nahm die Wiener Mühlenindustrie in der maschinellen Industrie Wiens nicht jene Stellung ein, die die Walzmühle in Pest innehatte, denn von den dort verwendeten 587 Pferdestärken kam bloß ein Fünftel der Mühlenindustrie zu. Noch geringer war die Bedeutung der mechanisierten Mühlenindustrie in der maschinellen Industrie Prags (1/10) und Brunns (1/20). Im Gegensatz zur Budapester Mühlenindustrie war in Wien und Prag die Mechanisierung der Industrie in der Maschinenbauindustrie, in Brunn in der Textilindustrie am meisten vorwärtsgeschritten. An der Schwelle jenes Zeitalters, in dem die kapitalistischen Produktionsverhältnisse vorherrschend werden, überragte die Walzmühle, gleich einem Riesen, «der sich aus der Zukunft zu früh hierher verirrt hatte, das noch ganz in der Vergangenheit sich bewegende Industrieleben von Pest und Ofen, genau so einsam und allein, wie sie sich vom trostlosen, dem Staub und Kot der äußeren Leopold Stadt abhob. Der nächste Abschnitt in der Geschichte der Budapester Mühlenindustrie umfaßt die Jahre von 1850 bis 1862. 1848—1849 wurde in Ungarn das feudale System der Leibeigenschaft •abgeschafft und die kapitalistischen Produktionsverhältnisse wurden auch hier vorherrschend. Der Übergang zur kapitalistischen Wirtschaft fiel in Ungarn mit der auf dem europäischen Kontinent sich entfaltende industrielle Revolution zusammen. So enstand auch in Ungarn die Notwendigkeit für die Schaffung einer maschinellen Großindustrie, eines modernen Verkehrswesens und kapitalistischen Kreditsystems. Das Tempo und das Ausmaß des Überganges zur kapitalistischen Wirtschaft hingen davon ab, aus welchen Quellen das Land zur Finanzierung dieses Überganges, zur Finanzierung der kapitalistischen Industrialisierung werde schöpfen können. Nach Unterdrückung der bürgerlichen Revolution und des nationalen Freiheitskampfes gestalteten sich in der Zeit des habsburgischen Absolutismus (1849— 1867) die Vorbedingungen für die Entwicklung des Kapitalismus in Ungarn sehr ungünstig. Ungarn, seiner Unabhängigkeit verlustig, wurde unter die Provinzen des Habsburgerreiches gereiht, diente in erster Linie nicht als Quelle der Finanzierung der eigenen, sondern der österreichischen und böhmischen* Fabrikindustrie. In Osterreich und Böhmen ging die Industrialisierung verhältnismäßig rasch vor sich und erforderte, daß die absolutistische Regierung den für die dortige Großindustrie wichtigen ungarischen Absatzmarkt erweitere. Die rasch zunehmende Einwohnerschaft der österreichischen und böhmischen Länder zog eine Teuerung der Mehl- und Brotpreise nach sich. Die Bourgeoisie Österreichs versuchte diesem Übel durch die Einfuhr ungarischen Getreides und Viehes, gleichzeitig aber durch die Herabsetzung der Transportkosten abzuhelfen. Die Entwicklung der Dampfschiffahrt und der Ausbau des Eisenbahnnetzes eigneten sich dazu, um den ungarischen Markt für die Maschinengroßindustrie der österreichischen Bourgeoisie zu kräftigen und auszudehnen, gleichzeitig durch Steigerung der Einfuhr ungarischer Produkte die Kosten der eigenen industriellen Produktion herabzusetzen, ferner die Gelegenheit zu rentablen Kapitalinvestitionen zu gewinnen. Die Einschaltung Budapests in das Wirtschaftsleben Ungarns und des Habsburgerreiches geschah hauptsächlich durch die Förderung der Dampfschiffahrt. Von 1850 bis 1861 wuchs die Zahl der Dampfschiffe, auf der Donau auf mehr als das Dreifache, der Warenverkehr hingegen auf das Sechsfache, also 411