Tanulmányok Budapest Múltjából 12. (1957)

Berlász Jenő: A Ganz-gyár első félszázada, 1845-1895 = Die ersten fünfzig Jahre der Ganz-Werke, 1845-1895 349-458

neuestens erreichten Produktionsniveau gehalten werden. Bis zur Jahrhundert­wende erreichte die Produktion von Rädern rund 1 Million. Viel schwieriger war es, die privilegierte Stellung einer anderen wichtigen Ganzspezialität, der Mech­wartschen Walzmaschine zu bewahren. Mit dem Ablauf des Patentschutzes ent­stand nämlich eine gewaltige ausländische Konkurrenz und der Walzenstuhl von Ganz wurde von Jahr zu Jahr immer mehr auf den ungarischen Markt zurück­gedrängt. Während nämlich in den Jahren zwischen 1886 und 1895 bloß 34 Prozent der Walzenstühle in Ungarn abgesetzt wurden, so erhöhte sich diese Zahl zwischen 1896 und 1900 auf 58 Prozent. Die Verluste in diesem Erzeugungsbereich suchten die Ganzwerke teils durch die Förderung der Produktion von Mühleneinrichtungen, teils mit Hilfe einer neuen Ganzspezialität, des Motors Typ Bánki—Csonka, wieder wettzumachen . Der Motorenbau beruhte auf den von der Fabrik mit allen Mitteln geför­derten Experimenten des Ingenieurs Donát Bánki, bzw. auf den neuen Möglich­keiten, die durch den Karburátor, der weltberühmten, 1893 patentierten Erfin­dung Bánkis und seines Mitarbeiters Johannes Csonka geboten wurden. Die übrigen Produktionszweige des Maschinenbaus (Turbinen, Maschinen für die Papierindustrie, Zerkleinerugsmaschinen, Dampfmaschinen, allgemeine Maschinenfabrikation) konnte, als Produktionszweige zweiten bzw. dritten Ran­ges, auch in diesem Jahrzehnt keine durchschlagende Bedeutung erlangen. Am sicherchsten bewährte sich geschäftlich auch weiterhin die Waggon­produktion. Auf diesem Gebiet wurde die Produktionsziffer in der ersten Hälfte der 90er Jahre gegenüber der Produktion der 80er Jahre verdoppelt. Während zwischen 1885 und 1898 bloß 7 800 Waggons die Fabrik verließen, wurden von 1890 bis 1894 15 500, und zwar überwiegend Güterwagen hergestellt. Personen­wagen wurden nur an die 1500 gebaut. Letztere waren aber hinsitlich der Modern­heit, Bahnbrecher in der ungarischen Eisenbahnwagenerzeugung. Auf der Landes­ausstellung von 1896 stellten die Ganzwerke die ersten vierachsigen, mit Eisenge­rüst, Drehuntergestell, Gasbeleuchtung und Westinghousebremsen ausgestatteten Saalwagen zur Schau. Finer noch früheren Fntstehungszeit gehört der Ganz­Dampftrieb wagen an, der in Frankreich über ein Jahrzehnt Betrieb war. Die Waggonfabrik versorgte eine ausgedehnte ausländische Kundschaft, u. a. die russischen und bulgarischen Staatsbahnen, sowie die italienischen, rumänischen, deutschen und japanischen Eisenbahngesellschaften. Fin noch steilerer Aufstieg kann in der Entwicklung der Elektrotechnischen Fabrik verzeichnet werden. Zu zehntausenden wurden Elektromaschinen, Trans­formatoren, Induktionswattstundenzähler verfertigt, und die elektrischen Ver­teilungszentralen wurden in Reihenproduktion hergestellt. In den 90er Jahren richtete die Fabrik in zahlreichen Großstädten Österreichs, Italiens und Frankreichs die ersten elektrischen Zentralen ein. Ebenfalls zu dieser Zeit begann man die Ver­suche mit dem Elektroantrieb der Zug, die in der weltberühmt gewordenen Kandó­schen Dreiphasenelektrolokomotive ihren Höhepunkt erreichten. Es ist selbstverständlich, daß die Ganzgesellschaft in diesem Entwicklungs­stadium auch geschäftlich eine Umwandlung von großer Tragweite durchmachte. Sie war mit dem in- und ausländischen Finanzkapital in enge Verbindung getreten. Der Bau der elektrischen Zentralen machte es unumgänglich, daß sie sich an an­deren Unternehmungen geschäftlich beteiligte und zugleich selbst in die Interessen­sphäre des in- und ausländischen Kapitals geriet. Eine ausschlaggebende Rolle spielte in dieser Hinsicht die Allgemeine Un­garische Kreditanstalt, eine der führenden ungarischen Banken, die sich 1894­1895 — zufälligerweise gerade im fünfzigsten Bestehungsjahr des Unternehmens — die Aktienmehrheit der Gesellschaft verschaffte und zum Hauptvermittler zwischen den Ganz-Werken und den deutschen Großbanken wurde. Von da an wurden die Ganz-Werke zum Mittelpunkt einermächtigen Pro­duktionskonzentration, die alles Bisherige weit übertraf und in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg ihren Höhepunkt erreichte. 45 7

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