Póczy Klára: Forschungen in Aquincum 1969- 2002 (Aquincum Nostrum 2. Budapest, 2003)

5. Die neuen Ergebnisse der topographischen Forschungen - 5.1. Eraviskersiedlungen im Raum Aquincum (Klára Póczy)

GYI 1984, 192, Abb. 11), dürfte zusammen mit dem aus Gallien stammenden Jochbeschlag vom gleichen Fundort auf die weitverzweigten Export­Import-Beziehungen hindeuten. Die Inschrift eines Altarsteins ist wichtig im Hinblick auf die Lokalisierung der frühesten, augusteischen Kultstätte des Oppidums bzw. das Weiterleben ihrer Tradition auch im 3. Jahrhundert. Der auf der Südseite des Gellértberges gefundene Altar wurde 247-248, zur Zeit des Kaisers Phi­lippus (ALFÖLDI 1939, 101-113) - nach unserer Annahme anlässlich der Tausendjahrfeiern -, von Titianus, dem Auguren der Colonia Aquincum, für das Wohl des Kaisers und der civitas Eraviscorum zu Ehren des Jupiter Teutanus, der Gottheit der Einheimischen, geweiht. An der Stelle des zum Oppidum gehörenden Wohnviertels am Süd- und Nordhang des Gel­iertberges sowie in dem Handwerkerviertel im Stadtteil Tabán fanden danach keine Grabungen mehr statt. Nur zum Verständnis der weiteren Forschungen, d. h. der neuen Fundstellen, sei hier erwähnt, daß die qualitätsvolleren Stücke unter den in dem Handwerkerviertel gefundenen Töpfer­waren, hauptsächlich rotgestreifte und geometrisch verzierte Keramik, einen Victoria darstellenden Gemmenabdruck trugen. Der Stempel war ver­mutlich das Firmenzeichen des Werkstattinhabers (L. NAGY 1942/1, 171), was in dieser Periode bereits auf die engeren Beziehungen zu Nordita­lien hindeutet. 3 Und auch dies ist eine der Besonderheiten der Eravisker Siedlung, (Abb. 2.) die kürzlich am Corvin tér (HABLE 1998), zwischen dem Donauufer und dem steilen Budaer Berghang, erforscht wurde: im charakteristischen Tabáner Keramikmaterial, zu dem unter anderem eine frühe Bronzefibel mit gebogenem Fuß und eine eraviskische Silbermünze aus dem Kapos-Tal gehören, gibt es auch zwei padanische Sigillaten. Vor Jahrzehnten legte man in Békásmegy­er, ebenfalls am Donauufer, eine Siedlung mit Töpferöfen aus der Blütezeit der eraviskischen 5 Über die norditalischen Gemmengefäße s. die Beiträge von M. Voloné und S. Jorio. Produktion frei. Diesen Fundort erwähnen wir, um das von dem Zeitalter erhaltene Bild zu ver­vollständigen. Einem Inschriftdenkmai zufolge hieß die Siedlung in der Römerzeit vicus Vindonianus (CIL III 3626=10570). Zeitalter des Tiberius Von den aufgeführten Siedlungen der Augus­tuszeit wurde das Oppidum anscheinend zuerst geräumt, da die strategische Lage der Höhen­festung eine zu große Gefahr bedeutete. Nach jüngsten Forschungsergebnissen dehnten sich die Aufstände der einheimischen pannonisch-illyri­schen Bevölkerung (12-9 v. Chr. und 6—9 n. Chr.) nicht auf Transdanubien aus. 4 Die Tatsache, daß Kaiser Tiberius die römischen Truppenbewe­gungen in beiden Fällen an Ort und Stelle lenkte und bei der zweiten Gelegenheit deswegen sogar Jahre in Aquileia weilte, beweist, daß er die Aus­sichten auch im Falle der verbündeten Eravisker richtig einzuschätzen wusste. Seit neuestem hält man das Jahr 20 n. Chr. für den wahrschein­lichsten Zeitpunkt der Räumung des Oppidums. Damals lief das Mandat des Drusus für Illyricum aus, und den Anzeichen nach unterteilte Tiberius anschließend das bis zur Donau reichende Gebiet in zwei Provinzen (FITZ 1998, 127). Die tatsäch­liche militärische Besetzung von Illyricum bis zur Donau begann, und das bedeutet zugleich, daß die Verbindung zur Pester Seite damals abbrach. Nachdem alle Quellen die friedfertige Haltung der Eravisker auch bei der endgültigen Festlegung des Limes betonen, kann dies unserer Ansicht nach die einzige Erklärung dafür sein, weshalb die zum Abtransport bereiteten Töpferwaren in Tabán unberührt zurückgeblieben sind: es gab plötzlich keine Möglichkeit mehr, sie in den Siedlungen der Ebene von Pest an den Mann zu bringen. Auch die Donauufer-Siedlung am Cor­vin tér dürfte (neben der seit dem Paläolithikum genutzten Schiffslände) zum Ende der Herrschaft des Tiberius geräumt worden sein. Denn ab der Mitte des 1. Jahrhunderts legte man an dieser 4 Frühere Meinung: T. NAGY 1973, 79.

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