Póczy Klára: Forschungen in Aquincum 1969- 2002 (Aquincum Nostrum 2. Budapest, 2003)
4. Historische Zusammenfassung - 4.2. Aquincum in der Kaiserzeit (Margit Németh)
zen. Aquincum wurde die Hauptstadt der 296 aus einem Teil des früheren Pannónia Inferior gebildeten Provinz Valeria und zugleich Sitz des Militärbefehlshabers (dux) der Provinz. Den Sitz der zivilen Administration konnte die Forschung noch nicht eindeutig lokalisieren (FITZ 1993-1995, 1180 f.), und bislang ist auch noch kein einziger praeses der Provinz Valeria bekannt. Die wiederholten Kriege mit den Donaugermanen und Sarmaten zwangen die römischen Herrscher, auch auf sarmatischem Boden Militärlager errichten zu lassen. Allerdings ist die Auslegung der einschlägigen Textstelle äußerst umstritten. Einige Forscher identifizierten die eine der beiden Ortsangaben aus der Eintragung des Hydatius Fasti ad annum 294 — His conss castra facta in Sarmatia contra Acinco et Bononia — mit der Festung am Eskü tér (T. NAGY 1973, 122; FITZ 1979, 354), andere wiederum hielten sie für die irrtümliche Schreibweise des Ortsnamens der nahe bei Sirmium gelegenen Siedlung Acumincum und erklärten die Notwendigkeit der stärkeren Befestigung des sirmischen Limesabschnitts mit dem Aufstieg Sirmiums zur kaiserlichen Residenz (SOPRONI 1977, 393-397; SOPRONI 1978, 113; E. TÓTH 1980/2, 131-137). In Anbetracht der Befunde der zu verschiedenen Zeitpunkten in der Umgebung der Festung durchgeführten Ausgrabungen und Rettungsgrabungen ist klar, daß es in dem Gebiet bereits vorher ein frühes Lager größerer Ausdehnung gegeben hat, dessen Errichtung man in der Zeit der zweiten Hälfte bis Ende des 2. Jahrhunderts vermutete. Angesichts der fächerförmigen Eck- und hufeisenförmigen anderen Türme würde Zsolt Visy den späteren, rhombischen Bau frühestens ins konstantinische Zeitalter datieren (VISY 2000, 58), doch Endre Tóth (E. TÓTH 1985, 124 ff.) weist eine noch spätere Periode nach. Péter Kovács setzt diese Periode in die Mitte des 4. Jahrhunderts und vermutet, daß die Bauzeit des frühen Lagers in den längeren Zeitraum zwischen dem Beginn der Herrschaft Caracallas und dem Ende der Herrschaft Constantius II. fällt (KOVÁCS 2001/2, 150 f.), so dass sie nicht nur die Identifizierung mit dem von Hydatius erwähnten Festungsbau nicht ausschließt, sondern — berücksichtigt man das eine Jahr Verschiebung, das er bei Hydatius nachweist - auch die Vermutung zuläßt, daß der Bau von Contra Aquincum sogar im Beisein des Kaisers erfolgt sein könnte. Zur zufriedenstellenden Beantwortung der Frage wären zum Teil weitere authentische Grabungsbefunde sowie eine detailliertere Veröffentlichung der bisherigen Ausgrabungen notwendig. Zsolt Mráv (MRAV 1992-1995) hat an Stelle der für die Festung bislang allgemein anerkannten Bezeichnung Contraacinco - nach Not. Dign. Occ. XXXIII 65 — den Namen castellum contra (montent) Teutani bzw. castellum contra Teutanum vorgeschlagen. Nach Mráv entfällt die Interpretation der verstümmelt überlieferten Namensform Castellum contra Tautantum (Not. Dign. occ. XXXIII 55) als castellum contra Constantiam (SOPRONI 1978, 128 ff.). Demgemäß möchte er den Namen Contra Aquincum auf die gegenüber vom Legionslager Aquincum, an der Mündung des RákosBaches, gelegene spätrömische Festung und deren bisher gebräuchliche Bezeichnung Transaquincum auf einen größeren, sich vor Aquincum am linken Donauufer erstreckenden Gebietsstreifen bezogen wissen. Péter Kovács akzeptiert diese Argumentation nicht (KOVÁCS 2001/2, 150 ff.). In den letzten Jahrzehnten des 3. bzw. ersten Jahrzehnten des 4. Jahrhunderts führten die Römer mehrere größere Feldzüge gegen die Sarmaten. Die sich als dauerhaft erweisende sarmatische Bedrohung erforderte immer häufiger auch die Anwesenheit der Kaiser in Pannonién bzw. in ihrer Residenz Sirmium. Die letzte bekannte Dedikation wurde von lulius Valerianus und Aurelius Maximus, duumviri der Colonia, im Jahre 315 für das Wohl der Mitglieder der Kaiserfamilie im Gebiet der damaligen Militärstadt gestiftet (CIL III 3522 + 10384 = ILS 658). Nachdem Kaiser Constantinus I. in der Schlacht bei Cibalae über Licinius gesiegt hatte, gelangte Pannonién 315 endgültig unter seine Herrschaft. Wegen der sarmatischen Kriege wurden unter Konstantin die Errichtung der an die östliche Mauer des Legionslagers grenzenden spätrömische Festung sowie verschiedene auch der umgestalteten Admi-