Póczy Klára: Forschungen in Aquincum 1969- 2002 (Aquincum Nostrum 2. Budapest, 2003)

4. Historische Zusammenfassung - 4.1. Aquincum vor der römischen Eroberung (Tibor Hable)

163), welcher in ganz Europa verbreitet und in den von der einheimischen Bevölkerung besiedel­ten Teilen Aquincums bis zur zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts ununterbrochen in Gebrauch war (PETŐ 1976/2, 86-97; PETŐ 1979, 271-285). Die Produktion des lokalen Metallhandwerks dagegen kam, ebenfalls auf Grund der Erfahrungen in der Siedlung Gellérthegy-Tabán, nicht einmal annähernd an die Produktivität und das Niveau solcher Werkstätten auf dem Magdalensberg, in Velem oder Szálacska heran (BÓNIS 1969, 212). Auf Metallverarbeitung hindeutende Funde (Kokille, Gussmodel, Metallbrocken, halbfertige Ware usw.) sind von mehreren Orten bekannt (BÓNIS 1950, 340), während eine größere Produktionsstätte oder ein Schmelzofen bislang nicht zum Vorschein kamen. Wahrscheinlich verwendete man importier­ten Rohstoff bzw. stellte Halbfertigprodukte auch in hauseigenen Werkstätten her (POCZY 1959/1, 66). Bei Kriegsgefahr waren die Handwerker der Siedlung Tabán gezwungen, sich in das Refugium auf dem Geliertberg zurückzuziehen. Über so differenzierte Handelsbeziehungen wie die großen Zentren in Gallien oder Noricum verfügte das Oppidum nicht, doch innerhalb des Stammes muss es einen intensiven Warenaus­tausch vermittelt haben, und auch für die Ein­und Ausfuhrtätigkeit liegen zahlreiche Beweise vor (BÓNIS 1969). In den ersten Jahrzehnten der Ansiedlung sicherten die Boier, die sich neben der Donau niederließen, die entfernteren Wirt­schafts- und Handelsbeziehungen der Eravisker (T. NAGY 1973, 76). Die am ehesten marktfä­higen Töpferwaren lassen ein kompliziertes ost­westliches Beziehungssystem vermuten. Um den Absatz der rotweiß bemalten, „patronenverzierten" Tabáner Keramik dürfte sich eine besondere Kaufleuteschicht bemüht haben. Rohgraphit und Keramikfarben mögen vom Gebiet Mährens oder aus der Umgebung von Passau eingetroffen sein. Mahl- und Wetzsteine beschaffte man sich im Donauknie oder aus dem Börzsöny-Gebirge. Die Verbreitung der sog. Amphora-Perlen deutet auf illyrische Handelsbeziehungen, die einzelner Fibel­typen auf Kontakte längs des Save-Flusses hin. Der Zustrom republikanischer Denare ist nicht nur durch das Gebiet der südpannonischen Stäm­me denkbar, sondern auch aus Richtung Noricum. Die römischen Personennamen der im Gebiet des heutigen Bratislava geprägten boischen Münzen, die engen norischen Beziehungen des Typs Tót­falu sowie die späteren Prägungen markieren eine südnördliche Route durch Noricum und dann eine an der Donau entlang westöstlich verlaufende Route. Somit spiegelt das Gebiet des eraviskischen Münzverkehrs zugleich den Absatzmarkt der hier produzierten und durch lokale Händler vertriebe­nen Güter wider. Eraviskische Interessen dürften auf dakischem Gebiet, in der Großen Tiefebene und auch in Südtransdanubien vertreten gewesen sein, und in westlicher Richtung sind sie an der Donau durchs Waag-Tal bis hinauf nach Polen gelangt. Die Emission der republikanischen Mün­zen im 1. Jahrhundert v. Chr. und das Auftreten von RAVI S-Prägungen in Italien sind ein Zeichen für die ständig erstarkende italische Verbindung, welche über den Import einzelner Luxusartikel (z. B. Wein) hinaus (PETŐ 1997/2, 15-29, Abb. 17. a-b) eine ganze Reihe von Akkulturationserschei­nungen in der keltischen Gesellschaft auslöste. Tibor Hable

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