Póczy Klára: Forschungen in Aquincum 1969- 2002 (Aquincum Nostrum 2. Budapest, 2003)

5. Die neuen Ergebnisse der topographischen Forschungen - 5.4. Die Zivilstadt von Aquincum - 5.4.3. Baugeschichtliche Skizze der Zivilstadt (Paula Zsidi)

Grundsätzlich resultiert das daraus, daß kaum spätere - den Störungen der Nachwelt stärker ausgesetzte - Befunde auf uns gekommen sind (POCZY 1976/4, 48). Bis vor kurzem bestanden sehr unterschiedliche Meinungen darüber, wann die letzten Bewohner die Zivilstadt entgültig ver­lassen haben. Laut Tibor Nagy sind keine Spuren einer Weiterbenutzung der Gebäude nach dem quadisch-sarmatischen Uberfall des Jahres 378 mehr vorhanden (T. NAGY 1973, 122-123), obwohl er gleichzeitig einräumt, daß es Anfang des 5. Jahrhunderts in der Umgebung des nahe­gelegenen Wachtturms am Donauufer noch Leben gegeben hat. Nach der Meinung von Klára Póczy hingegen deuten die ins erste Jahrzehnt des 5. Jahrhunderts datierbaren Gräber darauf hin, daß einzelne zerstörte Stadtviertel dennoch bewohnt waren (PÓCZY 1976/4, 49). Verschiedene direkte und indirekte Angaben aus jüngster Zeit scheinen eher die letztere Meinung zu erhärten (Chris­tentum 2000, 11). Ein gravierender Umstand in der Beurteilung der spätrömischen Periode der Zivil Stadt war die Freilegung der auch für die Zivübevölkerung wichtigen spätrömischen Festung in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre (PÓCZY 1984/1, 18-19; Aquincum 1986, 92-95). Im Laufe der Erforschung der Wehranlagen zeichnete sich die Möglichkeit ab, daß das Gebiet der Zivilstadt, ähnlich wie andere Städte, im spät­römischen Zeitalter verkleinert worden sein könn­te (ZSIDI 1990/2, 163; ZSIDI 1994/1, 218). Schon früher hatte die Forschung festgestellt, daß die Wehranlagen auch nach der Mitte des 4. Jahr­hunderts noch instandgesetzt wurden (T. NAGY 1973, 122). Die neuen Grabungsergebnisse auf der westlichen Stadtseite bekräftigten das. Dieser Teil der Stadt war mit dem System der Mittel­bzw. Ecktürme traditionell besser befestigt, und von Osten schloss schon in der Severerzeit das hohe Aquädukt das Gebiet ab. Die Verbindung des so umschlossenen Gebiets stellten in östlicher Richtung die früheren Durchgänge und in westli­cher Richtung die später in der Mauer angebrachte Tor Öffnung her, die auf Steinfundamenten ruhte, vermutlich aber einen Holzaufbau hatte und durch einen Turm befestigt war (ZSIDI 1990/2, 152). In welchem Abschnitt der Spätantike es zu dieser Verkleinerung bzw. Neubefestigung gekommen sein mag, muss vorerst unbeantwortet bleiben. Nachdem jedoch in zahlreichen Gebäuden des östlichen Stadtteils im Laufe des 4. Jahrhunderts vorgenommene kleinere oder größere Umbau­ten registriert werden konnten (Forumstempel, Basilika, große Therme, Markthalle, Ladenreihe: PÓCZY 1976/4, 49), bieten sich dafür eher die letzten Jahrzehnte des Jahrhunderts an. Die von hier stammenden Denkmäler aus dieser Zeit deu­ten nicht mehr auf eine „Urbane Bevölkerung" hin (T. NAGY 1973, 123). Den Zeitraum Ende des 4. Jahrhunderts verifiziert außerdem die Tat­sache, daß damals auch die spätrömische Festung verkleinert wurde. Angesichts der Tatsache, daß in der Baugeschichte Aquincums im Allgemeinen ein enger Zusammenhang zwischen der zivilen und militärischen Bautätigkeit zu beobachten war (ZSIDI 1997/1, 281-2827; ZSIDI 2002/1, 132), ist es denkbar, daß dieser vielleicht auch im spät­römischen Zeitalter bestanden hat. Die bei den archäologischen Ausgrabungen gewonnenen baulichen Befunde geben im Augen­blick keinen Aufschluß darüber, ob die Bewohner den östlichen Stadtteil nach und nach verlassen haben und in den westlichen Stadtteil umgezogen sind oder ob dies unter dem Einfluss eines unver­hofften Ereignisses bzw. einer einmaligen Maßnah­me geschah. Neue Angaben liegen uns nämlich, wie auch aus dem vorangehenden Zeitraum der Forschungsperiode, zumeist über den östlichen StadtteÜ vor (T. NAGY 1973, 122-123; PÓCZY 1976/4, 49; ZSIDI 2003). Ein in einem der Räume der im letzten Jahrzehnt freigelegten Ladenzeile des westlichen Teils nachträglich eingebauter Steinherd ist das einzige Objekt der Inneneinrichtung, das mit der Benutzung des neubefestigten Gebietes in Zusammenhang gebracht werden kann. 11 Natürlich hat fast jedes Gebäude, das bislang im westlichen Stadtteil freigelegt wurde, eine Periode des 4. Jahrhunderts, für die sporadisch zum Vorschein gelangendes, aber noch nicht ausgewertetes spätes Fundmaterial kennzeichnend ist.

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