Póczy Klára: Forschungen in Aquincum 1969- 2002 (Aquincum Nostrum 2. Budapest, 2003)
5. Die neuen Ergebnisse der topographischen Forschungen - 5.4. Die Zivilstadt von Aquincum - 5.4.3. Baugeschichtliche Skizze der Zivilstadt (Paula Zsidi)
ausgebauten Tabernenreihe bildete (PÓCZY 1995, 472). In der Municipium-Periode konnte man den Durchgang noch ungehindert zu Fuß passieren und durch die Arkaden zwischen den Pfeilern über die Gasse in den westlichen Stadtteil gelangen. Für den Wagenverkehr musste die Durchfahrt allerdings schon damals geregelt werden. Gegenwärtig sind zwei Punkte bekannt, wo auch Wagen verkehren durften (PÓCZY 1980/1, 107, Abb. 103; PÓCZY 1984/1, 21; PÓCZY 1995, 470). Dass man den Platz für das Zentrum und die großen öffentlichen Bauten der Zivilstadt schon zu Hadrians Zeit - und im Falle des „Forums" sogar noch früher - abgesteckt hat (T. NAGY 1973, 119; PÓCZY 1970, PÓCZY 1976/4, 38-40) und dass diese Gebäude erst im Laufe des 2. Jahrhunderts nach und nach aus Stein errichtet wurden (PÓCZY 1970, 189), darüber war sich die Forschung einig. Die bedeutenden baulichen Veränderungen hingen sicher mit der veränderten Rolle bzw. Funktion der Siedlung zusammen. In diesem Zeitraum wurde aus der früheren „Handwerkersiedlung" ein Zentrum der Administration (PÓCZY 1970, 191). Die größte Abweichung unter den Gebäuden des Stadtzentrums zeigt sich in der Beurteilung des Forum-Bezirkes, ja bis vor kurzem war selbst die Bezeichnung „Forum" noch umstritten (LÁNYI 1990/1, 215). Dem am Treffpunkt der Hauptverkehrswege gelegenen Gebäudekomplex mit typischem Grundriss, der in den Museumsführern durch den Ruinengarten der Einfachheit halber zumeist „Großes Heiligtum" genannt wird (PÓCZY 1991/2, Abb. 5), begegnet man in den Zusammenfassungen dieser Periode der Zivilstadt entweder in der Deutung als Sitz der kaiserlichen Körperschaft, darin mit dem Heiligtum des Kaiserkults (T. NAGY 1973, 119), oder als Heiligtum der Kapitolinischen Trias wieder (PÓCZY 1976/4, 38). Abweichungen gibt es in der Beurteilung der baulichen Gestaltung der Basilica. Gyula J. Hajnóczi schließt sich Tibor Nagy an (T. NAGY 1964) und handhabt sie wie dieser als Gebäude mit zwei Trakten (HAJNÓCZI 1987, Abb. 115, 116), während Klára Póczy die ans Tageslicht gelangten Uberreste zuletzt als Gebäudekomplex mit drei Trakten rekonstruiert hat (PÓCZY 1991/2, Abb. 6). Einige weiter vom Stadtzentrum entfernte Gebäude — beispielsweise in der südöstlichen Region - wurden schon im munizipalen Zeitraum aus Stein erbaut. Neuere Forschungen haben die Reihe der früher freigelegten Steinbauten (z. B. die sog. Malerwohnung, südlicher Streifen der Straße D, MÁRITY 1992, 69) mit weiteren Angaben ergänzt (das Badegebäude neben der Herberge, ZSIDI 1995/1, 46, sowie das Gebäude des collegium centonariorum, ZSIDI 1997/4, 51). An der „Peripherie" des Stadtzentrums setzt Klára Póczy den Prozess der Errichtung der Wohnhäuser aus Stein erst in die Zeit nach den Markomannenkriegen (PÓCZY 1970, 189). Das bestätigen die Forschungen jüngeren Datums im Gebiet des in der munizipalen Periode bedeutend umgebauten bzw. erweiterten sog. VictorinusHauses (NÉMETH 1991/1, 94) bzw. des Nachbarhauses, 4 bei denen Reste eines Gebäudes mit Lehmmauern zum Vorschein kamen. Ein bestimmendes Element der Topographie der Zivilstadt war das außerhalb der nordöstlichen Stadtmauer gelegene Amphitheater, das die Forschung auf Grund der Bauinschrift des angrenzenden Nemesis-Heiligtums gleichfalls den Bauten der Municipium-Periode zuordnet (SZILÁGYI 1968, 127-128; T. NAGY 1973, 119; PÓCZY 1976/4, 42). Im Spiegel der neueren Forschungen kann der Steinumbau des Amphitheaters in diesen Zeitraum gesetzt werden. Die Bebauung der Zivilstadt außerhalb der Stadtmauer hing mit der typischen Industrie- bzw. Bestattungsfunktion zusammen (T. NAGY 1973, 119). Mit der Töpferei in der östlichen Nachbarschaft der Siedlung (sog. Militärmaterialdepot), deren Betrieb zum Teil bis in die Zeit vor der vormunizipalen Periode zurückreicht, ist nach der Herrschaft Hadrians allerdings nicht mehr zu rechnen. Demgegenüber erstreckt sich die Tätigkeit des namhaften östlichen Handwerkerviertels der Zivilstadt, mit der Keramikwerkstatt des Pacatus, über den ganzen munizipalen Zeitraum (PÓCZY-ZSIDI 1992, 10, 24, 39-41). 4 Grabung O. Madarassy 1990, Plan 7, Nr. 14.