Póczy Klára: Forschungen in Aquincum 1969- 2002 (Aquincum Nostrum 2. Budapest, 2003)

5. Die neuen Ergebnisse der topographischen Forschungen - 5.4. Die Zivilstadt von Aquincum - 5.4.2. Veränderung des Rechtsstatus der Siedlung (Klára Póczy)

sie neuerdings als eine Siedlung, die sich nach der Auflassung einer früheren Militäranlage ohne Vorläufer herausgebildet hat. Aus demselben Zeit­raum stammt eine vereinzelte Inschrift-Angabe, und zwar die Grabinschrift eines eraviskischen Decurio, der in trajanischer Zeit noch der führen­den Körperschaft dieses Vicus angehörte (MÓCSY 1970, 59). Wie wichtig die Regierung Trajans in der Geschichte der Zivilsiedlung gewesen ist, zeigt auch der Umstand, daß Aquincum damals (i. J. 106) Sitz des Statthalters der Provinz Pannónia Inferior wurde. Unter Hadrian wandelte sich der Rechtsstatus der Siedlung erneut, sie erhielt den städtischen Rang eines Municipiums. Diese Maßnahme verhalf dem Gemeinwesen, aber auch den Bewohnern der Siedlung, zu Privilegien: den Einwohnern brachte sie das Bürgerrrecht, der Gemeinschaft einen beträchtlichen Gebietszuwachs vom Territo­rium der civitas. Mit der Rangerhöhung änderte sich auch der Name der Siedlung in Municipium Aelium Aquincum. Die Einsetzung des Municipi­ums wurde von der früheren Forschung eindeutig in das Jahr 124 datiert (SZILÁGYI 1968, 75), als der Imperator das pannonische Grenzgebiet persönlich besuchte. Neuerdings hegt man jedoch Zweifel an dem Datum, da jüngere historische Forschungen den Pannonienbesuch Hadrians 124 ausschließen.' Andererseits ist gesichert, daß eine aus dem Jahr 122 stammende Inschrift die Bewohner der Zivilsiedlung Aquincum noch als vicani bezeichnet (T. NAGY 1973, 125). In den Besitz des Municipiumranges gelangte Aquincum gleichzeitig mit der anderen Hauptstadt der Provinz Pannonién, der zivilen Siedlung von Carnuntum, und gemeinsam wurden die beiden Städte am Limes im Jahre 194, unter Kaiser Sep­timius Severus, auch in den Rang einer Colonia erhoben (SZILÁGYI 1968, 75). Der Name unse­rer Stadt dürfte damals Colonia Aelia Septimia Aquincum gewesen sein (T. NAGY 1973, 128). Diese Rangerhöhung bezog sich sowohl auf die Zivil-, als auch die Militärstadt (SZILÁGYI 1968, 77; T. NAGY 1973, 125), was zugleich bedeute­te, das sich das Gebiet der Zivilstadt auf Kosten des Militärterritoriums mehr und mehr vergrößerte (KOVÁCS 2000/1). Eine wesentliche Veränderung aus juristischer Sicht tritt im Leben der Siedlung während der Herrschaft Diokletians ein (294), als man die zivi­le Verwaltung der auch Aquincum einschließenden Provinz Valeria, eines Teils des viergeteilten Pan­nonién, anderswo unterbringt. Von da an bleibt allein - laut der früheren Forschung - der Mili­tärführer, der Dux, mit seinem Kompetenzbereich in der ehemaligen Provinzhauptstadt. Mit Beginn des 4. Jahrhunderts, in dessen ersten Jahrzehnten, verlieren die Städte nach und nach ihre Autono­mie und funktionieren eigentlich nur noch formell. Auch damit wäre unter anderem erklärbar, weshalb uns nach 307 aus Aquincum keine städtischen Beamten mehr namentlich bekannt sind (T. NAGY 1973, 125, 129), und ebenso deutet darauf die Abänderung der Zeremonialordnung des städti­schen Magistrats hin (PÓCZY 1998/3, 64-65). Ende des 4., spätestens jedoch Anfang des 5. Jahrhunderts zogen sich die Einwohner der Zivilstadt, deren Zahl ständig zurückging, in den Schutz der entlang der Ostseite des ehemaligen Legionslagers ausgebauten spätrömischen Festung zurück (Aquincum 1986, 67). Nach 476 stellte die römische Verwaltung ihre Tätigkeit im Gebiet der ehemaligen Provinz offiziell ein, und ähnlich den meisten Urbanen Siedlungen geriet auch die Bevölkerung von Aquincum unter den Einfluss der frühchristlichen Kirchenorganisation (PÓCZY 2000, 13—17) mit dem Bischof an der Spitze. Im darauffolgenden Zeitraum hat sich aller Wahr­scheinlichkeit nach auch der Name der Stadt geändert, so dass man hinter der bei Ennodius erwähnten Valeria civitas 2 das einstige Aquincum vermuten darf (BONA 1969, 286). Klára Póczy 1 Vgl. das Kapitel „Aquincum in der Kaiserzeit" (4.2.). 2 Ennodius, De vita beati Antoni 7.

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