Póczy Klára: Forschungen in Aquincum 1969- 2002 (Aquincum Nostrum 2. Budapest, 2003)

5. Die neuen Ergebnisse der topographischen Forschungen - 5.3. Militärstadt - 5.3.1. Die Canabae legionis (Orsolya Madarassy)

Frühes Legionslager - frühe Canabae Im südlichen Teil der Militärstadt, längs ihrer nordsüdlichen Hauptstraße — der Limesstraße (auf der Linie der heutigen Magyar Lajos utca—Fényes Adolf utca-Lajos utca) -, konnten an das Sied­lungsgefüge des frühen Legionslagers zu bindende Erscheinungen beobachtet werden. Diese Straße verläuft auch westlich der Westfront des vespasi­anischen Alenkastells (NÉMETH 1990), ihr Aus­bau (PARRAGI 1976/1, PÓCZY 1976/3, MADA­RASSY 1999/3) ist höchstwahrscheinlich mit der Gründung des domitianischen Legionslagers in Verbindung zu bringen, als deren Via principalis sie fungiert haben dürfte (NÉMETH 1997). Die auf dem heutigen Dévai Bíró Mátyás tér (Platz) angeschnittene, im 1. Jahrhundert gebaute Straße war vermutlich die dasselbe Legionslager im Wes­ten, aber von außen begrenzende Straße (PÓCZY 1983/1, MADARASSY 2000/1). 8 An immer mehr Stellen entlang der Limesstra­ße lassen sich Elemente eines Limitationssystems dokumentieren: Nebenstraßen, Grundstücks­grenzen etc., des 1. Jahrhunderts, die auch in das Gefüge der späteren Stadt einflössen (MADARASSY 1999/1). Wie es scheint, bildete das Limitationssystem des 1. Jahrhunderts das Fundament für die Struktur des Stadtkerns der Canabae des 2.-3. Jahrhunderts. Die Südgrenze des bebauten Geländes dürfte südlich von dem an der Nagyszombat utca gelegenen Militäram­phitheater verlaufen sein. 9 Die bei der Grabung auf den Grundstücken Pacsirtamező utca 3-11. beobachtete Straße aus dem 1. Jahrhundert führt zu dem Militäramphitheater, dessen Errichtung in Stein erst in die Jahre um 140 gesetzt werden kann (MADARASSY 1999/1). Doch auf Grund der jüngsten Forschungsergebnisse (ZSIDI 1997/ 3) darf man annehmen, daß es schon im 1. Jahrhundert einen funktionellen Vorgänger des Amphitheaters gab. 8 Unpublizierte Ausgrabung von Gy. Parragi 1970, Plan 1, Nr. 17. 9 Unpublizierte Ausgrabung von K. Debitzky, E. Márity, O. Madarassy 1989, Plan 7, Nr. 11., sowie HABLE 2003. Bei den an der Limesstraße des 1. Jahrhunderts orientierten Wohngebäuden konnten zwei Perio­den unterschieden werden. 10 Die frühesten Lang­häuser, Flechtwerkbauten mit Lehmbewurf und eine Reihe von Räumen, standen auf der inne­ren Grundstückshälfte, ihre Grundfläche betrug 2,50-3,50x10-15 m. Vermutlich hatten sie die klassische Anordnung Zimmer-Küche, wo der Wohnraum bereits in Schlaf-, Wohn-, Koch- und Essbereich unterteilt war. Im Umkreis des Hauses erhoben sich Wirtschaftsgebäude. Die Wasser­versorgung sicherte ein gegrabener Brunnen, die Lagerung erfolgte außerhalb des Hauses in Spei­chergruben, den Hof umgab ein Plankenzaun. Im nachfolgenden Zeitraum wurden die Speichergru­ben größer und mit Stroh oder Brettern verschalt, die Brunnen dagegen mit Steinringen ausgekleidet (MADARASSY 1999/2). Die später planierten Gebäude des 1. Jahrhun­derts am Dévai Bíró Mátyás tér waren vermut­lich ebenerdige Häuser mit Steinfundament und Lehmziegelmauern, deren Grundriss wir nicht kennen (MADARASSY 2000/1). Bei den frühe­ren Rettungsgrabungen konnte diese Planierungs­schicht an zahlreichen Stellen beobachtet werden (PÓCZY 1976/1, PÓCZY 1983/1). Die einzelnen Teile der frühen Siedlung unterschieden sich wahrscheinlich in ihrer Funktion, so dass sowohl der Bebauungsgrad als auch der Charakter der Bauten lokal verschieden sein können. Die bei den Forschungen am westlichen Stadt­rand beobachteten frühesten Siedlungsspuren deuten mehr auf wirtschaftliche bzw. industrielle Tätigkeit hin. Im Falle der frühen Töpferwerk­stätten (PÓCZY 1956, PARRAGI 1971/1) ist unklar, ob diese zu der das frühe Legionslager umgebenden Militärstadt oder schon zu der im Militärterritorium außerhalb der Stadt gegründeten Handwerkerviertel gehört haben. Den im süd­westlichen Stadtteil (Grundstück Tímár utca 21.) freigelegten frühen Komplex könnte man sogar als Teil eines größeren Industrieviertels deuten (MADARASSY 1999/3). Ungewiss ist auch die westliche Ausdehnung der frühen Canabae, da die 10 Vgl. NÉMETH 1991/1.

Next

/
Thumbnails
Contents