Budapest Régiségei 40. (2007)
TANULMÁNYOK - Nagy Margit: Kora népvándorláskori sírleletek Budapest területéről = Grabfunde aus der frühen Völkerwanderungszeit im Gebiet von Budapest 95
NAGY MARGIT Tatsache ist, daß in der herabgebrochenen Sandböschung des provisorischen Bachbettes im März 1969 nur ein einziges Skelett gefunden wurde; andere Bestattungen konnten weder in der Sandböschung noch in dem maschinell abgehobelten Gelände gefunden werden. Die Zusammengehörigkeit von Torques und Hufeisenanhänger wäre schwer zu bezweifeln. Der intakte Tonkrug wird aller Wahrscheinlichkeit nach in der Umgebung des Schädels oder Oberkörpers gestanden haben. Die Lunulafibel befand sich vermutlich auf dem Oberkörper oder in der Beckengegend. Formparallelen des Torquesanhängers, des Halbmond/Hufeisenanhängers (Abb. 1.1a) finden sich im frühesten, d. h. dem ins 1. Jahrhundert n. Chr. datierten sarmatischen „Fundhorizont". Die historischen und archäologischen Angaben und die Forschungsgeschichte der Einwanderung der Sarmaten haben jüngst Eszter Istvánovits und Valéria Kulcsár detailliert zusammengefaßt. Den frühesten Teil des sarmatischen Fundmaterials macht der Goldschmuck der Frauengräber aus, die auflagenverzierten Ohrringe, Lunulaanhänger, Goldblechflitter, Gold- und Karneolperlen und Torques. Die Autorinnen weisen deutlich auf die Schwierigkeiten der Interpretation des „Goldhorizonts" hin: Die Vorbilder der Gegenstandstypen finden sich weder in der östlichen Steppe noch im Pontusgebiet, der Fundhorizont besteht nur aus Frauengräbern, ist auf einen relativ engen chronologischen Rahmen beschränkt, weist auf zahlenmäßig kleine Bevölkerung hin, hat keine Fortsetzung usw. Zur Lösung dieser Widersprüche bieten sich mehrere Erklärungen an, unter ihnen die Unfaßbarkeit der frühen Hinterlassenschaft nomadisierender Völker und die - im übrigen sehr wahrscheinliche Hypothese, daß die Sarmaten anfangs nur mit ihren Kampfformationen, den Söldnertruppen, im Karpatenbecken auftauchten. Eszter Istvánovits und Valéria Kulcsár erkennen zugleich die Fehlerquellen der Absonderung des Fundhorizontes, den im übrigen auch Mihály Kőhegyi als „von niedrigem Bewertungsgrad" qualifizierte: 1. Die allgemeine Beraubtheit der sarmatenzeitlichen Gräberfelder erstreckt sich nicht auf diesen Kreis. Offensichtlich sähe die Repräsentation der Edelmetallgegenstände anders aus, wenn wir den originalen Beigabenbestand der übrigen Gräberfelder kennen würden. 2. Im Zusammenhang mit dem Goldtorques aus Grab 140 vom Fundort 161 von Nyíregyháza-Felsősima besteht die Möglichkeit, daß die Datierung der Gegenstandstypen streng innerhalb des 1. Jahrhunderts wahrscheinlich weiter ausgedehnt werden muß. Die Lunulaanhänger wurden vor allem im Gebiet zwischen Donau und Theiß, als Streufunde an der oberen und mittleten Theiß sowie am Südufer der Körös gefunden. Der letzten Zusammenstellung von Istvánovits-Kulcsár zufolge sind Goldanhänger bisher von 17 Fundorten bekannt: 1. GyulavarsándLaposhalom; 2. Gegend von Csongrád und Szentes; 3. Dunakeszi-Székesdűlő; 4. Gegend von Eger (?); 5. Füzesabony-Kastély-dűlő Grab 150; 6. Kecel-Csukástó; 7. Kelebia-Vermesjárás; 8. Kiskőrös-Vágóhídi dűlő, Seregélyes Grab 7 und 17; 9. Kiskunfélegyháza-Kecskeméti út; 10. KiskunmajsaKuklás Jenő földje; 11. Mezőcsát-Hörcsögös Grab 56; 12. Gegend von Monor; 13. Nagykörü-Marsó tanya; 14. Örvény-Seres Zsigmond szőlője; 15. SzegedCsongrádi út Grab 24; 16. Tápiószele-Szumrák; 17. Tenk-Homokbánya. Die angeführten Stücke gehören zum verbreitetsten Typ der aus dem Sarmatengebiet bekannten Goldblech-Halbmondanhänger, von dem Mihály Kőhegyi sechs Varianten unterschieden hat. Charakteristisch für sie sind die in der Mitte hervorstehende gepreßte Rippenzier und die runde Zellenglaseinlage an beiden Enden. Häufig ist die omegaförmige oder dreieckige, blaue oder schwarze, mit Zellenwand eingefaßte Glaseinlage unter der Aufhängeöse, im Ineren des Halbmondes. Die Formähnlichkeit der Exemplare aus der Tiefebene ist so groß, daß Eszter Istvánovits und Valéria Kulcsár neben der Anerkennung der Herkunft der Schmuckform aus dem Schwarzmeergebiet mit Recht die Möglichkeit einer lokalen Herstellung der hufeisenförmigen Anhänger erwogen. Der Anhänger mit 1,8 cm Dm aus dem Grab am Rákos-Bach unterscheidet sich hinsichtlich der Herstellungstechnik von den sarmatenzeitlichen Anhängern. Während diese - mit Ausnahme des einzigen, zeitlich fraglichen Exemplars aus dem Kom. Csongrád - aus gepreßtem Blech bestehen, ist der Anhänger vom Rákos-Bach gegossen. Ein wichtiger Unterschied ist, daß die Halbkugeln an den Spitzen unseres Halbmondanhängers nicht mit Glaseinlagen ausgefüllt, sondern Teile des Gußstückes sind. Die Form der zelleneingefaßten Glasstücke wurde bei dem Exemplar am RákosBach in den Gußmodel einbezogen. Bereits Mihály Kőhegyi hatte darauf hingewiesen, daß die Variante der im Wachsausschmelzverfahren hergestellten Halbmondanhänger mit Kugelenden in der Tracht der Bewohner griechischer Schwarz124