Budapest Régiségei 36. (2002) – In memoriam Rózsa Kalicz-Schreiber (1929-2001)
Hänsel, Alix - Hänsel, Bernhard: Zwei Glockenbecher aus Budapester Boden im Berliner Museum = Két Budapestről származó harangedény a Berlini Múzeumban 191-197
ALIX HANSEL - BERNHARD HANSEL sehen der Auffindung und dem Verkauf der Gefäße liegt zwar ein Vier telj ahrhundert, dennoch sind die von Lichtneckert in seinem Schreiben genannten Erwerbsumstände als Pauschalaussagen glaubwürdig, die Herkunft der Becher kann somit weitgehend als gesichert gelten. Dafür spricht auch der Vergleich der hier vorgelegten Becher mit den guten Zeichnungen in der Veröffentlichung von Csetneki Jeleniks, 8 denn sofort fällt die ganz verblüffende Übereinstirnrnung in der Technik der Ornamentausführung auf. Man könnte sogar annehmen, dass die Becher von der gleichen Töpferhand hergestellt worden sind. Zweifel an der Lokalisierung der beiden Berliner Becher, nämlich als aus Tököl stammend, sollten also auf ein Minimum reduziert werden. Wir haben zudem davon auszugehen, dass die Stücke wegen des guten Erhaltungszustands ebenso wie die übrigen Tököler Funde Grabbeigaben waren. Im Folgenden soll nicht versucht werden, von den Altbeständen im Berliner Museum ausgehend in die sehr lebendige und aktuelle Diskussion zur Glockenbecherproblematik einzugehen. Dazu wird sich der geneigte Leser seine Anregungen aus zwei Tagungsberichten mit den anschaulichen Titeln „Some New Approaches to the Bell Beaker 'Phenomenon' - Lost Paradise...?" (Hrsg. von M. Benz und S. van Willigen, BAR International Series 690,1998) oder „Bell Beakers Today - Pottery, people, culture, symbols in prehistoric Europe" Internationales Colloquium Riva del Garda (Trento, Italy) (1998) Abstracts - zu holen haben. Hier geht es vielmehr um eine gründliche Vorstellung der zwei schönen Stücke im Berliner Museum, die einige interessante Aspekte ergeben hat: 1. DER KLEINERE BECHER (Inv. Nr. IV d 2915) Der nur an zwei kleineren Stellen im Randbereich beschädigte Becher ist von stark glockenförmig geschweifter Form und einer ausgewogenen Proportionierung (Abb. 1. b-c). Die Höhe entspricht genau der größten Bauchung, nur der ausschwingende Randbereich ragt über diese hinaus und gibt dem Becher so eine, durch die Zierlosigkeit der Randzone zusätzlich betonte breite Öffnung. Auffällig ist ferner, dass der Bodendurchmesser genau die halbe Höhe des Gefäßes ausmacht. Die Sorgfalt der Töpferarbeit kommt durch die ebenmäßige Randbildung ohne jede Lippe und die gleichmäßige Wandungsstärke zum Ausdruck. Der verhältnismäßig dicke Boden ist innen zur Mitte hin leicht aufgewölbt. Die Maße betragen: Höhe 11,5 cm; Randdurchmesser 12,4, cm; stärkste Einziehung 9,4 cm; größte Bauchung 11,5 cm; Bodendurchmesser 5,9 cm. Die Tonqualität läßt sich nur an Stellen abgeriebes Ebd. 54, Abb. 1-2. ner Oberfläche beurteilen. Das Gefäß besteht aus einem sehr fein geschlämmten, nur sehr wenige und feine Magerungspartikel enthaltenen Ton, aus dem gelegentlich kleine Glimmersplitter aufleuchten. Sorgfältig glatt verstrichen dürfte' der ganze Becher im lederharten Zustand in eine feine Tonemulsion getaucht worden sein, die dem Stück im oxidierenden Brand eine glänzende ziegelrote Farbe verliehen hat. Nur stellenweise ist der fest eingebundene Überzug abgerieben. Lediglich im Bereich der Standfläche ist der Überzug bis auf geringste Reste abgerieben (Abb. 1. e). Wir halten diese Beobachtung für wichtig, weil sie Auskunft über die Nutzung des Gefäßes gibt. Denn sicher gehen die Abreibungen nicht nur auf den vielleicht sorglosen Umgang mit dem Gefäß vor dem Ankauf durch das Museum zurück. Der Glockenbecher dürfte vor seiner Einbringung in das Grab eine längere Zeit genutzt und auf unebenem Grund bewegt worden sein. Nur so können die Abreibungen ihre plausible Erklärung finden. Der Becher spielte also eine Rolle im Hausbetrieb, ehe er zur Grabbeigabe wurde; er gehört nicht zur Gruppe der Funeralkeramik. Rhythmisch ausgewogen ist das Ornament gebaut. Am Originalbecher ist nachvollziehbar, dass der Töpfer nicht nur bei der Formung des Gefäßes ein Maß benutzt, sondern auch vor der Herstellung der Eindrücke im Ton Meßpunkte gesetzt haben muss, die dann bei der Ausführung der Verzierung durch die Einstempelungen getilgt worden sind. Verwendet haben muß er einen Maßstab, der in einen Dreierrhythmus gegliedert war. Dieses Maßband muss elastisch gewesen sein, weil sich der Zahlenrhythmus der Werte nicht an der Transponierung des Gefäßes in die Zweidimensionalität der Zeichnung, wohl aber am Original selbst unter Berücksichtigung aller Höhen und Tiefen der Bauchung und Kehlung nachvollziehen lässt. Zwar gibt es bei der Ausführung der Ornamentbänder Unregelmäßigkeiten, die sich aber rund um das Gefäß so ausgleichen, dass es durchaus gerechtfertigt ist, Mittelwerte anzugeben: Unter dem Rand mißt die unverzierte Zone 12 mm. Daran schließt sich ein Schachbrettband an, das insgesamt dreimal vorkommt und jeweils 12 mm hoch bzw breit ist. Lediglich im obersten Feld ist dem Künstler - so möchte man den Töpfer oder die Töpferin nennen - das Maß verloren gegangen. Er hat den Fries breiter werden lassen, sich aber beim Schließen des Kreises korrigiert und durch ein schräg angelegtes Feld (Abb. 1. d) den Weg zurück in das Ausgangsmaß gefunden. Viermal umlaufen, durch drei horizontale Einstichlinien gegliedert, zwei tongrundige parallele Streifen den Gefäßkörper, sie sind zusammen jeweils 9 mm breit. Lediglich die beiden, den Becher über dem Boden begrenzenden Bänder schwan192