Budapest Régiségei 36. (2002) – In memoriam Rózsa Kalicz-Schreiber (1929-2001)
Ruttkay, Elisabeth: Das endneolithische Hügelgrab von Neusidel am See, Burgenland : zweite Vorlage, Teil 1., Die Fazies Neusiedl = Egy későneolitikus halomsír Nezsiderből (Neusidel am See, Burgenland) 145-170
BUDAPEST RÉGISÉGEI XXXVI. 2002. ELISABETH RUTTKAY DAS ENDNEOLITHISCHE HÜGELGRAB VON NEUSIEDL AM SEE, BURGENLAND Zweite Vorlage - Teil I - Die Fazies Neusiedl 1. EINLEITUNG Das Hügelgrab von Neusiedl am See-Kalvarienberg (Einsiedlerberg), VB Neusiedl am See, Bgld. (Abb. 1), wurde während des Zweiten Weltkrieges 1943 zufällig entdeckt und bereits vier Jahre danach von Richard Pittioni vorgelegt. 1 Gleich anschließend an diese Publikation wurde von Herbert Mitscha-Märheim 1948 eine Kontrollgrabung an dieser Stelle vorgenommen, 2 die bis 1992 unbeachtet blieb. 3 Das Grab ist bedeutend genug, um es mit der kompletten Befundung und den heute möglichen naturwissenschaftlichen Untersuchungen nochmals vorzulegen. Es werden auch die bisher nicht verwendeten Daten diskutiert. 4 Die Arbeit gliedert sich in zwei Teile: Teil I. Die Befundung, die Funde und die neue Datierung, die zur Aufstellung der „Fazies Neusiedl" führte. Teil II. „Kulturgeschichtliche Aspekte des Zentralgrabes" diskutiert anhand des Grabhügels, der Pferdezähne und der goldenen Haarspiralen. Angeschlossen sind Beiträge von Peter Stadler (Absolutchronologie) in Teil 1, ferner von Maria Teschler-Nicola (Anthropologie) und von Franz Brandstätter/Hannes Herditsch (Technologische Untersuchung der Goldringe) in Teil IL Teil II wird an anderer Stelle veröffentlicht. 2. DIE BEFUNDUNG (1943) Bei Pittioni wurden bei der Veröffentlichung des Grabes von Neusiedl am See Auszüge eines Grabungsberichtes aus der Feder von Adalbert Riedl mitgeteilt. 5 Riedl begab sich nach einer Fundmeldung des Gemeindeamtes als Beauftragter des Landschaftsmuseums am 29. November 1943 nach Neusiedl, um die Fundumstände näher zu erkunden und die Funde einzusammeln. Er verfertigte zunächst eine hand1 PITTIONI 1947. 2 MITSCHA-MÄRHEIM 1959. 3 HAHNEL1992. 4 Die neue Vorlage dieses wichtigen Grabhügels ermöglichte mir Herr Dr. Karl Kaus, Oberregierungsrat im Burgenländischen Landesmuseum Eisenstadt. Ich erfuhr von ihm vielfache Unterstützung, konnte mit ihm öfters weiterführende Gespräche führen, so über das Fundgut und über die seinerzeit handelnden Personen, über die Berichte und die Erstpublikation. Vielen herzlichen Dank sage ich ihm auch hier dafür. 5 PITTIONI 1947. schriftliche Bestandsaufnahme, wahrscheinlich gleich an Ort und Stelle. Im Archiv des Burgenländischen Landesmuseums Eisenstadt existieren heute gedanklich besser geordnete Berichte als der erste, handschriftliche, ohne Unterschrift zwar, doch vermutlich auch von Riedl. Der handschriftliche Bericht ist ebenfalls unsigniert, durch die Handschrift Riedls konnte er jedoch eindeutig identifiziert werden. Wir gehen davon aus, dass der handschriftliche Bericht von Riedl als erstrangiges, authentisches Dokument über das Hügelgrab von Neusiedl am See angesprochen werden muss. Er wird daher komplett (kommentiert) wiedergegeben. 6 „Das Gemeindeamt Neusiedl am See verständigt das Landschaftsmuseum durch Ruf, daß die 4. Komp. bei Grabungsarbeiten einen vorgeschichtlichen Fund gemacht hat. Am 29.11.43 entsendet das Landschaftsmuseum einen Vertreter zwecks SicJterstellung der Funde nach Neusiedl. (Oberleutnant Franz Deeg, Clief der 4. Komp. einer kroatischen Ausbildungsabteilung, im Zivil Lehrer in Augsburg, empfing den Vertreter des Museums und teilte folgendes mit). 7 In der Schreibstube der 4. Komp. wurde der Vertreter des Museums von einem Uffz. vorerst in das Chefzimmer geführt (der Komp. Chef war im Gelände). Am Bette lag auf Packpapier in schönster Ordnung ein ziemlich gut erhaltenes Skelett säuberlich aufgelegt. Am Fische selbst standen ebenso schön geordnet die Funde. Nach kurzer Betrachtung wurde der Komp. Chef Franz Deeg (Zivilberuf Lehrer in Augsburg) im Gelände gefunden und mit ihm 6 Adalbert Riedl (Oberpetersdorf 1898 - Eisenstadt 1978) war in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts Schulleiter in St. Martin. Während des Krieges arbeitete er bereits im Landschaftsmuseum in Eisenstadt, dessen Betreuungsbereich nur das nördliche Burgenland war. Er wurde mit der Überprüfung der Sammlung Sándor Wolf beauftragt. Dieser festgelegte Wirkungskreis dürfte der Grund dafür sein, warum er als Berichterstatter bei der prähistorischen Fundbergung von Neusiedl nicht in Erscheinung trat. Ab 1. Dezember 1938 war im Landschaf tsmuseum Eisenstadt als Beamter des Gaues Niederdonau Richard Pittioni bis zu seiner Einberufung 1942 Direktor. Pittioni wirkte für kurze Zeit auch nach dem Krieg (damals bereits als Burgenländisches Landesmuseum für das ganze Burgenland zuständig) weiter noch im Burgenland (PITTIONI 1946; 1966). 1946 wechselte er nach Wien und wurde Professor für Ur- und Frühgeschichte an der Universität. Von da an wurde Riedl provisorischer, dann definitiver Direktor des Museums bis zu seiner Pensionierung 1963. Seine wissenschaftlichen Interessen galten der Volkskunde. 7 Der Satz steht in Klammer, wird später leicht geändert wiederholt. 145