Budapest Régiségei 34. (2001)
STUDIEN = TANULMÁNYOK - Kremer, Gabrielle: Grabbauten des Aediculatypus in Noricum 163-176
Die Aedicula mit mehreren Interkolumnien (Abb. 1,2) Die aufwendigste Variante sind die Aediculae mit mehrsäuliger Front. Ein tetrastyles Obergeschoss mit horizontalem Architrav ist anhand des Grabbaues eines Magistraten in Faschendorf 5 belegt. Insgesamt sind fünf größere Grabbauten mit mehrsäuliger Front mit einiger Wahrscheinlichkeit nachweisbar, doch können die unterschiedlich gegliederten Obergeschosse immer nur teilweise rekonstruiert werden. Eine zeitliche Einordnung dieser Grabbauten ab dem 2. Jahrhundert, wohl erst nach dessen Mitte, ist wahrscheinlich. Die distyle Aedicula "in antis" bzw. mit Reliefnische (Abb. 1,3) Distyle Aediculae kamen auch mit geschlossenen seitlichen Wänden ohne vorgelagerte Säulenstellung vor. Der fragmentarische Erhaltungszustand der wenigen bekannten Beispiele erlaubt bisher keine gesicherte Aussage zur Gestaltung des Nischeninneren. Eine Gruppe von Aediculae "in antis" mit reliefverzierter Nische jedoch weist gleichartige Charakteristika auf und soll weiter unten ausführlicher behandelt werden. Die Aedicula mit Relieffront (Abb. 1,4) Die vierte Variante schließlich ist durch die geschlossene, quasi in Relief ausgeführte architektonische Gliederung des Obergeschosses gekennzeichnet. Die Gesamtform eines derartigen Grabmals führt uns die Anastylose des Secundi(a)nusgrabmals in Sempeter 17 vor Augen: durchgehende Eckpilaster rahmen hier den Baukörper, der nur an der Vorderseite in zwei horizontale Zonen gegliedert ist. Sofern nicht ein Sockelgeschoss ergänzt werden muss - von dem allerdings keine Reste gefunden werden konnten - ist also hier die Zweigeschossigkeit zugunsten einer kompakteren architektonischen Gliederung aufgegeben worden. 18 Acht weitere norische Einzelteile gehörten mit einiger Wahrscheinlichkeit zu Grabaediculae mit Relieffront. Die datierten Monumente setzen auch bei dieser Variante erst ab der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts ein. Für den Grabbau eines decurio der Ala I Comagenorum aus der so genannten Westnekropole in Celje/Celeia 19 wäre eventuell auch eine Datierung vor der Mitte des 2. Jahrhunderts denkbar. Für Quaderbauten in Aediculaform fehlt es also bislang an gesicherten Zeugnissen aus den Anfangszeiten der Provinz Noricum. Es ist möglich, dass in Noricum die ersten Grabbauten in Form kleiner Häuschen oder "Tempelchen" (aediculae) aufgemauert und ganz oder teilweise verkleidet waren. Darauf deuten einige wenige Befunde des 1. Jahrhunderts hin, die einen rechteckigen Grundriss und vereinzelte Architekturteile bezeugen. 20 Der Aufbau dieser Grabbauten bleibt bislang ungewiss. Die oben dargestellten Quaderbauten jedoch fügen sich ein in eine Entwicklungsreihe, die sich bis zu den kleinasiatischen Monumentalbauten des 4. Jahrhunderts v. Chr. zurückverfolgen lässt. 21 Für Noricum dürften die entscheidenden Anstöße von Ober- und Mittelitalien ausgegangen sein. 3. GRABAEDICULAE MIT RELIEFNISCHE Unter den Bestandteilen distyler Aediculae "in antis" sticht eine typologisch wie chronologisch relativ geschlossene Gruppe hervor, deren architektonischer Zusammenhang bislang wenig beachtet wurde. 22 Es handelt sich um dreiseitig reliefverzierte Platten, die durch eine schmale, senkrecht verlaufende Anschlussfläche auf einer der Breitseiten als Nischenwände ausgewiesen sind. 23 Entstehungszeitraum ist das ausgehende 2. und die 1. Hälfte des 3. Jahrhunderts, Schwerpunkt der Fundverteilung das Limesgebiet um Lauriacum. Vier Beispiele seien hier genannt: a.) Eine linke Seitenwand aus Enns/Lauriacum 24 (Abb. 2, 3) ist an der Außenseite in ein Relieffeld und zwei seitliche, etwas vorspringende Piiasterfelder gegliedert. Im Mittelfeld ist eine tanzende Mänade mit zwei Fruchtkörben dargestellt; sie ist in Dreiviertelansicht nach links gewandt und hat den Kopf nach rechts gerichtet. Die seitlichen Relieffelder sind mit Blattkandelabern gefüllt. Die Schmalseite des Blockes, die sich an der Frontseite des Monumentes befand, zeigt ein pflanzliches Ornament, die so genannte Lauriacenser Ranke. 25 An der Innenseite befindet sich links neben der senkrecht verlaufenden, 29 cm breiten Anschlussfläche ein glatt gerahmtes Feld mit der frontal ausgerichteten Reliefdarstellung einer Dienerin, die den Kopf leicht nach links wendet und in ihrer rechten Hand einen großen Korb hält. Die hintere Schmalseite und die untere Lagerfläche sind glatt, in der oberen Lagerfläche befindet sich ein zentrales Hebeloch. Das Stück wird allgemein einer in Lauriacum arbeitenden Werkstatt zugewiesen, der so genannten "Werkstatt der Mysterienreliefs", die wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts arbeitete. 26 b.) Das Fragment einer weiteren linken Seitenwand stammt aus Wallsee-Sindelburg 27 (Abb. 4. 5). Die Außenseite zeigt den Rest eines breiten Relieffeldes mit Darstellung der nach links ausschreitenden Selene und links anschließend ein seitliches Pilasterfeld mit pflanzlichem Ornament. An der Innenseite ist rechts eine senkrecht verlaufende, 21 cm breite Anschlussfläche und links anschließend der Rest einer frontal ausgerichteten, nach links blickenden Oferdienerin mit Schöpfkelle erhalten. Die hintere, zur Rückseite des Monumentes gerichtete Schmalseite ist glatt und teilweise sekundär abgearbeitet, die vordere als Anschlussfläche geglättet. In der oberen Lagerfläche ist ein zentrales Hebeloch sowie ein zur vorderen Schmalseite führendes Klammerloch eingetieft, das auf einen anschließenden Block an der Frontseite der 164