Budapest Régiségei 34. (2001)
AKTEN DES 6. INTERNATIONALEN KOLLOQUIUMS ÜBER PROBLEME DES PROVINZIALRÖMISCHEN KUNSTSCHAFFENS HISTORISCHES MUSEUM DER STADT BUDAPEST, 11-16. MAI 1999, AQUINCUM = 6. NEMZETKÖZI KOLLOKVIUM A RÓMAI KORI PROVINCIÁLIS MŰVÉSZETRŐL, BUDAPESTI TÖRTÉNETI MÚZEUM, 1 - Póczy Klára: Die Anfänge des Sammelns römischer Steidenkmäler in Stadtbereich von Budapest 10-13
KLARA POCZY DIE ANFANGE DES SAMMELNS ROMISCHER STEINDENKMÄLER IN STADTBEREICH VON BUDAPEST Die „landnehmenden" Ungarn fanden Ende des 9. Jahrhunderts im heutigen Óbuda (Altofen) als Nachlass Aquincums noch einen zusammenhängenden Stadtteil vor. Und dass die zeitgenössischen Chroniken glaubhaft sind, beweisen vor allen Dingen die Ergebnisse der zwischen 1970 und 1999 stattgefundenen archäologischen Ausgrabungen: Sie brachten im Frühmittelalter noch benutzte, ausgebesserte antike Bauten zutage. Auch die im 17.-19. Jahrhundert entstandenen Stadtansichten von Óbuda bekräftigen ihren Realitätsgehalt, auf denen man die Reste monumentaler antiker Burgmauer, Ruinen mehrgeschossiger Gebäude und Reihen von ebenerdigen, neben den Mauern des Aquädukts und Amphitheaters winzig erscheinden Häusern sieht; letztere deuten auf die zur Zeit der Entstehung der Stadtansichten „moderne" Stadt hin. 1 Dennoch schmückten römerzeitliche Steindenkmäler zum ersten Mal in der Stadt Rom eine in ungarischem Besitz befindliche Kirche. Am 1. Januar 1001, als der ungarische König Stephan I. gekrönt wurde, bekam er vom Papst in der Ewigen Stadt eine kleine Kirche, die neben der Südmauer des St. Petersdoms im Vatikan stand. Der Name der Kirche war damals S. Stefano minoris, zu Ehren des Protomärtyrers Stephan. Im 11. Jahrhundert, nach der Kanonisierung König Stephans im Jahre 1083, wurde dieselbe Kirche zur Kultstätte des ungarischen Heiligen und ihr Name wandelte sich in S. Stefano ungherese. Und warum wir uns all dessen erinnern? Die drei Schiffe der ungarischen Kirche im Vatikan trennten römerzeitliche korinthische Säulen voneinander. Eine Aufzeichnung besagt, dass man 1776 eine neue Sakristei für den St. Petersdom errichtete und deshalb den Platz der S. Stefano ungherese benötigte. Die Kirche aus dem 8. Jahrhundert (?) wurde abgerissen, der Kult des ungarischen Königs aber in die auf dem Celius befindliche - von ungarischen Paulinern bewohnte S. Stefano Rotondo überführt, wo man für den Kult des hl. Stephan eine neue Kapelle baute. Die acht aus der römischen Kaiserzeit stammenden Porphyrsäulen überstanden den Abriss der Kirche S. Stefano ungherese im Vatikan nahezu unversehrt. Eine zerbrach, aber sieben wurden in der neuen Sakristei aufgestellt. Vier der Säulen kann man heute am Eingang zur Sakristei im Innenraum der St. Petersbasilika sehen. 2 Die frühere, d.h. spätkaiserzeitliche, Geschichte der Säulen, ihr vermutlich noch unter Konstantin I. erfolgtes Aufstellen, ihre Weiterverwendung im Zeitalter Karls des Großen bzw. an der Wende des 10.-11. Jahrhunderts in der ungarischen Kirche, geriet in Vergessenheit. Mit dem Namen König Stephans ist auf ungarischem Boden auch ein anderes berühmt gewordenes römerzeitliches Steindenkmal verbunden: der Steinsarg König Stephans des Heiligen. Aus einer Aquincumer Steinmetzwerkstatt stammend hatte man seine „heidnischen" Verzierungen eiligst in Symbole abgeändert, die einem christlichen König angemessen waren: Die beiden Fackeln tragenden Attisfiguren auf der Vorderseite wurden zu zwei Lebensbäumen umgearbeitet, die Gestalten der Victoria - an den Seitenplatten - verwandelten sich in schwebende Engel. In diesem Marmorsarg brachte man den Leichnam des Königs zur Begräbnisstätte der Könige des Árpádenhauses nach Székesfehérvár (Stuhlweißenburg). 3 (Dort kann man den Originalsarg heute besichtigen.) Zu den ersten Abteikirchen, die Stephan gründete, gehört auch die Kirche von Óbuda. Ihr Bau wurde vermutlich von seinen Nachfolgern begonnen und im 11. Jahrhundert abgeschlossen. Auf dem Fő tér (Hauptplatz) von Óbuda lokalisierte man die Reste dieser Kirche, zwischen deren zurückgearbeiteten Mauern (d.h. unter dem Fußbodenniveau der im 13. Jahrhundert umgebauten bzw. erweiterten Kirche) sich ebenfalls Fragmente von römischen Säulen fanden, 4 was deshalb nicht überrascht, weil auch die Mauern der frühmittelalterlichen Kirche die des römischen Tempels fortführen. Im Grunde genommen konnte bei allen mittelalterlichen Kirchen in Óbuda ein und dieselbe Erscheinung beobachtet werden: Sie sind als unmittelbare Fortsetzung der frühchristlichen römischen Kirchen zu betrachten. Darunter seien nur zwei Beispiele hervorgehoben, die eng an unser Thema anknüpfen. Im 13. Jahrhundert wurde außerhalb der damaligen Stadtmauer (also außerhalb der in den 330er Jahren errichteten spätkaiserzeitlichen Festungsmauer), in der Nachbarschaft von dessen Westtor, eine Franziskanerkirche mit Kloster gegründet. Die korinthische Säulenreihe, den Fußboden, die Gesimsverzierungen, die Tür- und Fensterrahmen der ehemaligen frühchristlichen Kirche (der Basilika des 4.-5. Jahrhunderts) hat man gefunden. Zumindest deutet darauf das Steinmaterial aus den Trümmern des während der Türkenzeit abgerissenen Gebäudes hin. Am interessantesten - und bedeutendsten - ist der Kopf einer Skulptur aus Kalkstein: In der Nachbarschaft des Tempels befand sich im Altertum wahrscheinlich eine Jupiterdarstellung oder ein ..