Budapest Régiségei 26. (1984)

TANULMÁNYOK - Michna, Pavel J.: Gotische Kachelin aus Burg Melice in Mähren = Gótikus kályhacsempék a morvaországi Melice várából : in memoriam Jan Zhánel 87-110

er mit dem Ausbau seiner Bischofssitze; diese war mit der Neuausstattung der Innenräume verbunden, die der Geschmack der von echt christlicher Armut der Kirche himmelweit entfernten Prager Metropole diktierte. Da­mals bestellte er bei erstklassigen Künstlern Kachelserien, aus denen prunkvolle Öfen für seine Residenzen gebaut wurden. Die Themenwahl der Reliefe sollte Ruhm und Macht des Bauherrn und neuen Herrschers der Olmützer Diözese verherrlichen. Die Wappensymbole sprachen stolz von allen wichtigen und vor allem einträglichen Ämtern, die Wenzel von Bufenice im Laufe seiner höfischer Karriere gesammelt hatte. Den Dekor der Kacheln ergänzten die bereits erwähnten Aktfiguren der durchbrochenen Reliefpaneele, deren Sinnlichkeit sich raffiniert unter biblischer Thematik tarnt. Die Ausgrabungen auf dem Areal der Burg Melice und die Veröffentlichung der dort geborgenen Funde öffneten ungewöhnlich vielseitige und tiefe Einblicke in das Leben der mittelalterlichen Menschen und ihrer ma­teriellen Welt. Sie brachten vielsagende Arbeitsbelege des Töpferhandwerks, dessen Erzeugnisse bisher zu den wenig beachteten Denkwürdigkeiten der mittelalter­lichen Kultur gehörten. Alle siebzehn Kacheltypen re­präsentieren mit weiteren Ergänzungsteilen im großen und ganzen einen kompletten Ofenkörper, der sich aus der Funktonsqualität und Quantität des Kachelensem­bles rekonstruieren läßt (Abb. 25). Es handelt sich also um einen seltenen Beleg, den bei uns ersten, zeitlich, technologisch, künstlerisch und historisch homogenen Fundkomplex von Kacheln aus vorhussitischer Zeit. Aus unseren Untersuchungen geht weiter hervor, daß es auf Bestellung gefertigte Erzeugnisse waren, deren Ori­ginale man wohl kaum außerhalb des Olmützer Bistums suchen kann. Den wissenschaftlichen Wert dieses Fund­komplexes erhöht das einwandfrei bestimmte Entste­hungsdatum des Ofens und die Feststellung des Bau­herrn. Die vereinheitlichenden Elemente der Kachel­gruppe sind künstlerischer Natur (Verwendung gemein­samer Dekormotive — Lilie, Rosette, Eselsrücken), technischer (Farbe und Magerung des Töpfertons, Farbe und Art der Glasur, Ausmaße und ihre gegenseitigen Verhältnisse) und konstruktiver Art (Kacheltypen für die Feuerung, den Oberbau, das Gesims und die Krö­nung). Aus den angeführten Gründen schlage ich vor, diese Kachelserie mit dem Namen „Melicer Gruppe gotischer Kacheln" zu bezeichnen. Die Melicer Kacheln sind nicht nur archäologische Belege der materiellen Kultur, sondern auch Zeugen der Zeit und der gesellschaftlichen Entwicklung am Um­bruch des 14. und 15. Jahrhunderts, die die Sprache authentischer Denkmäler führen. Ihre Bedeutung über­schreitet den Rahmen der Wischauer Region: wenn wir diese Kacheln als untrennbaren Bestandteil des mittel­alterlichen Kulturerbes ansehen, können wir sie ruhig zu den Werken zählen, mit denen das gotische Kunst­handwerk aus vorhussitischen Zeiten in den Böhmischen Ländern gipfelte. Die Melicer durchbrochenen Rosetten stellen auch vom typologischen Standpunkt den Schluß­stein der heimischen Entwicklung vor. Niemals mehr sollte sich dieser der gotischen Zeit eigene Kacheltyp zu so wirksamen und technisch anspruchsvollen Formen entfalten. Mit seinem künstlerischen und historischen Wert steht der Melicer Ofen neben den gotischen Öfen an Siegmunds Budaer Königshof. In Ungarn, wo die künstlerische Entwicklung durch re­volutionäre Ereignisse nicht gewaltsam unterbrochen wurde, schreitet der Aufschwung des Ofenmacherge­werbes ungehindert fort, um in der Mitte des 15. Jahr­hunderts mit den glänzenden sogenannten Ritteröfen zu luminieren. Der Stillstand der mährischen Kachel­kunst im 15. Jahrhundert und die geänderte politi­sche Lage öffneten den ungarischen Produkten auch den Weg nach Mähren. Die Originalstücke der Budaer Kacheln, vor allem ihre heimischen mehr oder weni­ger guten Kopien oder Exemplare, die von Budaer Kacheln inspiriert waren, beherrschten dann in der nachhussitischen Zeit des 15. und zu Beginn des 16. Jahrhunderts das Sortiment des mährischen Kachelfonds. Abkürzungen AAC Acta Archaeologica Carpathica, Krakow Holl 1971 ArchRozhl BpR CNM Archeologické Rozhledy, Praha Budapest Régiségei Casopis Narodniho Muzea V Praze, Praha PamArch SbornikAUCAV FolArch Holl 1958 Folia Archaeologica, Budapest Holl I.: Középkori kályhacsem­pék Magyarországon I. BpR 18 (1958)211-300. ZbornikSNM Holl L: Középkori kályhacsem­pék Magyarországon II. BpR 22 (1971)161-207. Památky arceologické, Praha Sbornik Acad.Ustav Ceské Aka­demie Vied, Brno Zbornik Slovenského Narodného Múzea, Bratislava 94

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