Budapest Régiségei 26. (1984)

TANULMÁNYOK - Michna, Pavel J.: Gotische Kachelin aus Burg Melice in Mähren = Gótikus kályhacsempék a morvaországi Melice várából : in memoriam Jan Zhánel 87-110

einem Löwenrelief entdeckt, die in hohem Maß der Kachel des Typs 6 aus Melice entspricht (Abb. 9). Unter­schiede beruhen in einer Art Unbestimmtheit der Zeich­nung des Kremsierer Exemplars, im verkleinerten For­mat (14X14 cm) und der Glasurfarbe. Doch lassen sich diese Unterschiede mit der Herstellung aus einer sekun­dären tönernen Form erklären, die durch Abdruck des Originals oder noch eher der Kopie einer Melicer Kachel entstanden ist. Die Datierung geht aus der Entstehungs­zeit des Melicer Ofens (1412—1416) hervor, die für die Erzeugung der Kremsierer Analogie ein datum post quem nahelegt. Der Fund von Töpferöfen berechtigt die Vermutung, daß in Kremsier entweder ganze Öfen des Melicer Typs oder wenigstens Ofenkacheln existieren. Wenn man so prunkvolle Öfen auf der relativ entlegenen Burg Melice baute, kann man sie umso eher am Bischofssitz selbst erwarten, den die Kremsierer Burg einen beträchtlichen Teil des Mittelalters auf Kosten der Olmützer Residenz vorstellte. Doch fehlen bisher die materiellen Belege, die diese Annahme aus dem Bereich einer bloßen Hypothese erheben. Ein weiterer Ort, wo man — sei *es auch entfernte — Analogien der Melicer Kacheln zu suchen pflegt, ist das Kartäuserkloster in Dolany bei Olmütz (1388—1425). Am Vorabend der hussitischen Revolution, im Sturme sozialer, politischer und religiöser Wirren, war dieses Kloster einer der wenigen Orte, wo man die Anordnun­gen des Konstanzer Konzils respektierte und durch­führte. Kein Wunder, daß es eines der Kampfziele der hussitischen Operationen in der Olmützer Gegend war: in der Nacht zum 2. Feber 1425 wurde es von den Hussiten überfallen und die kalixtinische Besatzung blieb dort bis zum Jahr 1437 liegen. Die systematischen archä­ologischen Grabungen legten den Großteil des ehemali­gen Klosterareals frei; im reichen Fundgut treten beson­ders eine Kachelserie und die in situ erhaltene Feuerung eines Ofens in den Vordergrund. 33 V. Burian nimmt an, daß sie in Melice Analogien finden. 34 Auch Kontakte zwischen dem Dolaner Kloster und Burg Melice sind durch schriftliche Quellen belegt. Ergebnisse Das Ende des 14. Jahrhunderts bringt eine Verschär­fung der bereits lange schwelenden sozialen und wirt­schaftlichen Gegensätze; die ökonomische und geistige Polarisierung der mittelalterlichen Gesellschaft nimmt ra­pid zu und dieser Prozeß ergreift auch die Stützen des Feudalstaates — Adel und Kirche. Die Krisenerscheinun­gen äußern sich am deutlichsten im ideologischen Über­bau der herrschenden Ordnung: in der Religion — die starr institutionalisierte und von den Massen der Gläubi­gen isolierte Kirche erfahrt tiefe Erschütterungen, die den Verlust der letzten Autoritäts- und Vertrauensreste bedeuten. Der mittelalterliche Mensch verliert die jahr­hundertalten Sekuritäten. Er sucht den Ausgang in Hä­resie und Sektierertum. Die herrschenden Klassen be­greifen anscheinend noch nicht die Reichweite des na­henden Sturmes, der schon am Horizont wetterleuchtet und dessen erste Blitze sich im Kampf der mährischen Markgrafen Jodok und Prokop entladen. Sofern sie aber die Unlösbarkeit der Lage und das sich nähernde Kata­klysma doch begreifen, verschließen sie sich in den El­fenbeinturm" der das Weltende erwartenden höfischen Kultur. Den moralischen und politischen Zerfall be­schleunigen Personen, die von Königs Gnaden wichtige Staats- und Kirchenämter bekleiden, ohne das geringste Interesse für die Geschicke dieser Institutionen zu be­sitzen. Sie führen eine hedonistische Lebensweise ohne Moral, auf ihre privilegierte Stellung in der mittelalter­lichen Gesellschaftsstruktur pochend. Treffend charak­terisiert diese Einstellung das Credo des Prager Erz­bischofs Albik von Uniëov: „Kein Getränk geht über Wein, keine Speise über Fleisch, keine Freude über das Weib." Kirchenämter sind nur Mittel zum Zweck: Exis­tenzsicherung und Reichtum. Als geradezu klassisches Beispiel kann der Olmützer Bischof Wenzel Králík von Bufenice und sein absoluter Mangel in Interesse für die Geschicke der ihm anvertrauten Diezöse dienen, in der sich die durch die hussitische Idee entflammten Mas­sen bemerkenswert radikalisieren. In dieser gewitterschwülen Atmosphäre gipfelt die tschechische gotische Kultur mit prächtigen Glashaus­blüten eines schönen Stils, mit der Zärtlichkeit böhmi­scher Madonnen und der entmaterialisierten Geistigkeit gotischer Kathedralen, deren Filigranarbeit eher an Schmuck gemahnt als an architektonischen Dekor. Die Sucht nach ästhetischem Effekt siegt über das Ziel — das tiefe religiöse Erleben der Gläubigen. Der Lebensstil der Herrschenden war den Künstlern Gesetz und erfüllte ihren Vortrag mit Sinnlichkeit und Erotik, die sich in die verschiedensten raffinierten Formen verkleideten. Man denke doch nur an die entblößten Gestalten in den Miniautrhandschriften Wenzels IV. oder an die Frag­mente nackter Frauenfiguren der Melicer Kacheln. Als wären sich die Künstler des kommenden Untergangs einer Epoche bewußt gewesen — die bildende Kunst ge­langt nach jahrhundertelangem Werdegang zu einem Gipfel... Damals kommt der Prager Kleriker Wenzel von Bufenice in das mährische Olmütz, nachdem er das Amt eines Probstes des Wischehrader Kapitels für den einträglicheren Bischoffstuhl eingetauscht hatte. Der bisherige Prager Erzbischof Albik von Unicov über­nimmt, angewidert von einem Amt, das ihm nur Sorgen mit Hus und der Reformpartei bereitete, den freigewor­denen Sitz am Wischehrad, während ein weiterer Günst­ling des Königs, Konrad von Vechta, Interesse äußert, seinen Olmützer Bischofssitz gegen das Prager Erzbi­schofsamt einzutauschen. Dieser im Winter 1412—13 ohne Bewilligung der päpstlichen Kurie und ausschließ­lich von materiellen Interessen diktierte Handel empörte Magsiter Jan Hus und wurde zum Gegenstand erbitterter Kritiken der Reformbewegung. Wie aus den folgenden Ereignissen hervorgeht, faßte Wenzel von Bufenice sein neues Amt als Verwirklichung seiner persönlichen Ambitionen und Stärkung der königlichen Politik in Mähren auf. Die kirchlichen Interessen hielt er — sofern er sie nicht ganz überging — für das Mittel zur Erreichung der beiden Ziele. Gleich nach seiner Inauguration begann 93

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