Budapest Régiségei 26. (1984)

TANULMÁNYOK - Michna, Pavel J.: Gotische Kachelin aus Burg Melice in Mähren = Gótikus kályhacsempék a morvaországi Melice várából : in memoriam Jan Zhánel 87-110

pen (Typ 6-8) und Kirchenwappen (Typ 2, 4, 5), was übrigens auf der Burg eines kirchlichen Feudalherrn, des Olmützer Bischofs, zu erwarten war. Den Schlüssel zur Beantwortung unserer Frage findet man auf der Kachel des 3. Typs, deren viereckige Stirn­fläche das Tiefrelief eines stilisierten, unten abgerunde­ten Wappenschildes trägt, auf dem hinter einer bossier­ten Mauer mit Zinnenkranz zwei ebenso bossierte und gezinnte, mit Schießscharten versehene und von einer ge­zinnten Brücke verbundene Türme emporwachsen. Nach Vergleichen mit dem zeitgenössischen sphragistischen Material gelangte ich zur Feststellung, daß es sich im ge­gebenen Fall um das Familienwappen des Wenzel von Bufenice, Králík genannt (+12. September 1416), handelt, eines getreuen Gefolgsmannes König Wenzels IV. und in den Jahren 1412-1416 Bischofs zu Olmütz. Drei weitere Wappen auf Melicer Kacheln hängen eng mit den Geschicken von Králíks Person zusammen: als Probst des Wischehrader Domkapitels zu Prag (Typ 5) war er auch Kanzler des Königreiches Böhmen (Typ 6) und unterhielt seit jeher enge Beziehungen zur päpst­lichen Kurie (Typ 4). Sein letztes Amt eines Olmützer Bischofs drückt das Wappen mit sechs Pyramiden (Typ 2) und der vielleicht mährische Adler (Typ 7) aus. Die Deutung des heraldischen Dekors der geborgenen Ka­cheln gestattet es also, die Entstehung des in Frage ste­henden Ofens auf Burg Melice zwischen die Jahr 1412 und 1416 zu verlegen und ihren Bauherrn verläßlich zu bestimmen, der niemand anderer war als Wenzel Králík von Bufenice. Am Schluß dieses Kapitels sei noch der Versuch un­ternommen zu klären, unter welchen Umständen der Ofen auf die Burg gelangt ist. Ihren Bau muß man ohne Zweifel mit den Maßnahmen in Verbindung setzen, die auf den bischöflichen Residenzen bei der Ankunft des neuen Bischofs getroffen wurden, der die Atmosphäre der Prager Hofkultur in seine neue Wirkungsstätte Ol­mütz zu übertragen gedachte. Daß Králík ein prunklie­bender, der luxuriösen Äußerlichkeit des Kirchenlebens und den pompösen kirchlichen Zeremonien der Zeit voll dienstbarer Mann gewesen ist, bestätigen auch zeitgenös­siche Quellen: „derselbe... war nämlich ein gar unnütz­licher und liederlicher Mensh. Denn ohne jedwede ernste Ursache und gegen den Willen des Kapitels ließ er die Chorbänke aus der Kirche entfernen, einzig und allein deshalb, damit ihn die einfachen Christenmenschen beim Gottesdienst an bedeutender Stelle besser sehen und seine Gesten bewundern konnten, was in dieser Kirche ganz ungewöhnlich war. So mochte für ihn jenes Sprich­wort gelten: Ich wurde jeglichem Volk zum Spekta­kel." 16 In diesem Zusammenhang klingt dann die Mittei­lung, er habe den Bischofshof hinter der Olmützer Kirche fast zur Hälfte in vortrefflicher Weise reparieren lassen, 17 eher wie ein Vorwurf. Es ist nicht unwahr­scheinlich, daß man damals an die Neuausstattung, viel­leicht auch an den teilweisen Umbau der Burg Melice und der Kremsierer Residenz herangetreten ist. Der prachtvolle Ofen war das angemessene Gegenstück zu dem prunkvoll und in gotischer Farbenpracht ausgestat­teten Interieur der Burgkemenaten. Sprechende Belege bieten die farbigen Vitragen, die bemalten und mit Stukkaturen versehenen Wände, die vergoldeten Statuet­ten, der Mosaikfußboden und die Marmorgegenstände, die bei der archäologischen Untersuchung der Burg frei­gelegt und geborgen wurden. Die Herkunft der Melicer Kacheln Offenbar handelt es sich bei diesen Kacheln um eine in technischer und ästhetischer Hinsicht einzigartige Leistung des mittelalterlichen Kunstgewerbes Mährens. Natürlich kann man solche Artefakte nicht etwa als iso­lierte Erscheinungen auffassen, die in einer Art sozialem und kulturellem Vakuum mit einem Schlag auftauchten. Sie sind vielmehr ein integrierender Bestandteil der ge­samten Kunstaktivität der Zeit des Luxemburgers Wen­zel IV., die am Vorabend der hussitischen Revolution späte aber umso reichere Blüten trieb. Die Vorausset­zungen und Wurzeln der mittelalterlichen Kachelkunst, die in den Melicer Ofenkacheln gipfelte, haben wir im Rahmen des hohen Niveaus der damaligen Architektur, Bildhauerei, Malerei, Schnitzer- und Schmiedekunst zu suchen. Außerdem muß man die Kachelkollektion auch im historisch-politischen Kontext sehen. Der übernatio­nale Charakter dieser Kunst, der auch bei den Kacheln aus Melice zutagetritt, und die Entdeckung mehrerer Typen gotischer Öfen mit durchbrochenen Tafelkacheln auf Burg Buda veranlasste manche Forscher die Vermu­tung auszusprechen, die Kacheln von Melice seien un­garischer Herkunft. Zur Zeit des Kaisers und ungarischen Königs Sieg­mund (1387—1437) fertigten die Töpferwerkstätten in Nyék prunkvolle Öfen für die Palastsäle des Königs und des Adels, Nach Imre Holl, 18 der den gesamten Budaer Fund bearbeitet hat, sind sie an der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert entstanden. Die Feuerung bestand aus Kacheln mit heraldischen Motiven (Balkenfeld des un­garischen Wappens, Brandenburger Adler, Böhmischer Löwe), der Oberbau auf zwölfeckigem Grundriß aus Kacheln mit reich profiliertem Maßwerk und Figuren­schmuck. Den Rand des Oberbaus bildeten dreieckige Krönungskacheln. 19 Die Konstruktion der Budaer Öfen unterscheidet sich von dem Ofen aus Melice durch den viereckigen Grundriß des Oberbaus, das Fehlen durch­brochener Gesimskacheln, rechteckiger Tafelkacheln, rechteckiger Reliefplatten und gedrehter Eckwälzchen (bâton tordu) (Abb. 25). Mit ungarischen Kontakten erklärt auch D. Menclová die Entstehung der Kacheln aus Melice, die in der nach­träglichen Erweiterung des Burggrundrisses um Längs­flügel den Einfluß der Anjouschen Bauhütte aus Buda erblickt. 20 Trotzdem bleibt Burg Melice mit ihrer Archi­tektur und den Bauherren eng mit dem prager Königshof verbunden. Das verrät auch die Weihung der Burgkapelle (im Jahr 1358) dem Lebensspendenden Kreuze, wie das auch auf Burg Karlstein geschah. Fragmente, beispiels­weise der mit der Karlsteiner Profilierung übereinstim­menden Steinfutter, sprechen dafür, daß der Bau vor der Hälfte des 14. Jahrhunderts begonnen und erst am Ende dieses Jahrhunderts abgeschlossen wurde. 21 Analogien der durchbrochenen Kacheln aus Melice nennt Menclová 90

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