Budapest Régiségei 26. (1984)
VITA - Szakál Ernő: A budavári gótikus szoborlelet sérüléseinek és eltemetésének jelképrendszere 271-321
der Gemeinschaft ausgestossene Krüppel, die bei der Auferstehung ihre Ergänzung nur mit den beigelegten Tierteilen erreichen konnten. Bis zur Auferstehung hatten sie aber noch den Weg ins Jenseits. Damit ihre Seele als Gespenst nicht zurückkehren könne, wurden ihnen die Charon gebührende Münzen beigelegt. Davon zeugen 46 Geldstücke, darunter ein Silberdenar aus der Zeit des König Matthias, der von 1458—1460 datiert, zeitlich der jüngste war. Eine Zeichnung oder ein Modell sind Vermittler bedeutender Kenntnisse (Abb. 74 und 75) für die Kunstgeschichte; die auf das Handwerk deutende Faktoren jedoch wurden — mit einigen Aushahmen — kaum bewertet. Die Schäden an den Steinskulpturen wurden sehr gewissenhaft registriert; aber zwischen den zufalligen und absichtlichen Verstümmlungen wurde kein Unterschied gemacht, was aber wesentlich ist. Der im Louvre befindliche Kopf einer Reiterstatue ist annehmbar eine Peisistratos-Personifikation in Marmor, mit spärlichen Resten der ursprünglichen Bemalung (Abb. 77). Im kunsthistorischen Bereich fand man eine abgeschlagene Nase als etwas selbstverständliches, und die Wangenbeschädigung als eine unwesentliche Tatsache, geblendet vom „Kunstwerk" selbst. Die abgeschlagene Nase und das plastische Merkmal der Brandmarkung an der rechten Wange sind nicht nur Mängel des Skulpturgesichtes. Das sind Zeichen der Entehrung, die die Rache der Aristokraten von Athen widerspiegeln. Wenn man die archaischen Plastiken der Akropolis so betrachtet, kommt man zu der Erkenntnis, dass bei der Liquidierung dieser Skulpturen auch Fachmänner des Handwerks hinzugezogen wurden, was den Sagen Homers nach, auch in der Plastik Widerspiegelung fand (Abb. 76). Auch der Skulpturenfund aus den siebziger Jahren in Paris ist bemerkenswert. Von den vielen Bruchstücken korinte man keine Figur vollständig zusammensetzen, und alle Gesichter sind verstümmelt, wobei die Absicht auch Meisselhiebe beweisen (Abb. 78). Es existieren zahllose absichtlich verstümmelte Statuen, deren Aufzählung nicht zweckmässig ist, darum seien nur einige anregende Exemplare erwähnt. Wenn wir die ägyptischen Plastiken (Abb. 79), die Beispiele aus Böhmen (Abb. 81) und Deutschland (Abb. 80, 82—83) in dieser Hinsicht betrachten, sowie die aus Buda, so kann von keiner Zufälligkeit die Rede sein. Die Forschungsgruppe Martin Warnke bestätigt, dass die Skulpturenverstümmelungen immer planmässig erfolgten, aufgrund der Weltlichen Rechtsordnung, auf Skulpturen übertragend. Die Komponenten der Statuenbeschädigungen, der Bilderstürme bedeuten Wiederstand und Vergeltung, Machtkämpfe und Reformbestrebungen. Unermesslich viele und wertvolle Kunstgegenstände sind diesen Strömungen zum Opfer gefallen. Aus Holz geschnitzte Statuen, Altäre, Bilder, Bücher und Dinge der Eitelkeit wurden verbrannt, Metalle eingeschmolzen. Mit den aus Stein gehauenen Statuen konnte man so nicht umgehen; die Steinskulpturen konnten verstümmelt, zerschlagen, eingemauert oder vergraben werden, in ihrem Material aber blieben sie oft erhalten. Darum findet man in den Museen so viele Torsis und Steinplastiken, im Vergleich zu anderen Matériáién in überwältigenden Mengen. Wenige Skulpturen sind unversehrt geblieben, als Zeichen der Achtung und Ehre in positivem Sinn. Die meisten Idole, personifizierte Herrscher und Würdenträger politischer und kirchlicher Macht hatten Gegner und Feinde. Durch die Brandmarkung, Verstümmelung oder Zerschlagung wurde der Sinnesinhalt geändert. Das Schöne wurde zur Schändlichkeit, das Gute zur Gemeinheit, die Macht zur Unterworfenheit. Zur Entehrung genügte schon ein Anschneiden der Lippen oder ein formloses Ohr (Abb. 84 und 85). In der königlichen Burg stand eine Statue König Sigismunds aus nicht identifizierbarem Material und an unbekanntem Ort. Der damalige Palatin des Königs, Mihály Országh ersuchte König Matthias Hunyadi um eine Ausbesserungsgenehmigung. Aus dieser schriftlichen Übermittlung ist entnehmbar, dass es sich um eine beschädigte Sigismund-Figur handelte, und dass der Initiator zur Ausbesserung der Skulptur nicht Matthias Corvinus war, der genügend Gründe hatte, seinen dynastisch herrschenden Vorgänger nicht zu Ehren. Sicherlich glaubte er an mystische Zusammenhänge; wonach das Schicksal alter Bauten und Skulpturen mit seinem Leben im Zusammenhang stehe. Den Palast der Anjou-Könige in Visegrád liess er umbauen, die gotischen Zierbrunnen abreissen (Abb. 86 und 87), ihre Hoheitszeichen zerschlagen und die Überreste in die neuen Mauern seiner Objekte einbauen (Abb. 89— 93), aber so, dass diese für seine Repräsentation als Fundament dienten (Abb. 95). Was in Visegrád rekonstruierbar war, das haben wir getan (Abb. 94,96—97), aber weitaus nicht alles. Auch der gotische Palast in der Burg von Buda verwandelte sich nach Matthias' hochstrebenden Zielen in einen Palast der Renaissance, wobei die Gefühle der Pietät keinen Platz fanden. Die Fundumstände und die Skulpturenfragmente selbst lassen die Folgerung zu, dass die Liquidierung nicht in Funktion lebende Bildwerke betraf. Diese wurden nicht von einer Kapelle oder vom Hof entfernt, sondern geradewegs von der Bildhauer-werkstatt weggeräumt, wo sie zur Ausbesserung zusammen mit den unvollendeten Figuren lagerten. Auf die Werkstatt hinweisende Funde beweisen, dass bei der Bestattung auch die Steinmetz-Bildhauer mitwirkten, zeitlich und örtlich auch die königliche Bauhütte liquidierend. Ob es auf Befehl oder nur mit Kenntnissnahme des Königs geschah, sei hingestellt. Von diesem Vorhof kamen auch andere unvollendete Plastiken zum Vorschein. Nie eingebaute spätgotische Astwerkfragmente (Abb. 98), Renaissancepfeilerkapitelle usw. 291