Budapest Régiségei 20. (1963)

TANULMÁNYOK - Czagány István: A budavári gótika építészeti tipológiája : 1., Félköríves záradékú ülőfülkék 85-105

I. CZÁOÁNY DIE ARCHITEKTONISCHE TYPOLOGIE DER GOTIK DES BURGVIERTELS VON BUDA. I (Sitznischen mit halbkreisförmigem Abschluß) Die auf eine hundertjährige Vergangenheit zurückblickende ungarische Kunstgeschichte vermißt bis auf unsere Tage den methodischen Aufbau des Wissenschaftszweiges der architek­tonischen Formenkunde. Verfasser führte im Bd. XIX. des Jahrbuches Budapest Régiségei an den Denkmälern des „graphischen Stils" von Buda die kunstgeschichtlichen Ergebnisse der Morphologie in bezug auf die Profile vor. Als Fortsetzung dieser Initiative wünscht er nun die Resultate derselben Methode der typo­logischen Systematisierung an den Kunstfor­men der architektonischen Steindenkmäler der­selben Formengruppe zu überprüfen. Während die vorherige Methode nur bei der Klassifizie­rung und bei der Bewertung des profilierten Denkmalmaterials anwendbar ist, kann die letztere auch bei der Bearbeitung des Denk­malmaterials ohne Profile herangezogen wer­den. Natürlicherweise führt diese Methode zu weniger genauen Ergebnissen als die der ver­hältnismäßig exakteren Profiluntersuchung. Zu ihrer Veranschaulichung bieten sich die in Stein gehauenen Offnungsumrahmen der Gotik im Burg viertel von Buda, und vor allem die Sitznischen der Toreinfahrten, die-die morpho­logische Entwicklung von der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts bis zum Ende des 16. Jahrhunderts lückenlos veranschaulichen. Go­tischen Sitznischen begegnen wir auch anderswo : in Sanktuarien, Klostern, Tortürmen usw., doch ist ihr Vorkommen in so großer Zahl auch in Toreinfahrten bürgerlicher Gebäude — wie man es in Buda zu sehen bekommt —• eine typisch ungarische Eigentümlichkeit. Über die Ursache ihres Erbauens haben wir zur Zeit weder durch entsprechende Analogien noch durch die einschlägige Literatur genü­gende Angaben. Es ist mit Recht anzunehmen, daß im Mittelalter die Nischen ursprünglich im Transitoverkehr der Textilhändler beim Abladen der Wagen als Bänke (Pulte) dienten. Deshalb kann es keinem Zufall zugeschrieben werden, daß gerade in den Straßen, in welchen deutsche Tuchhändler wohnten (in der heutigen Üri-Straße — im Mittelalter „Platea Kramer — kalmarwcha") Sitznischen in größter Anzahl erhalten blieben. Später saßen in diesen Nischen die Nachtwächter, wie dies die in den Rück­wänden erhalten gebliebenen Kerzen- und Lampennischen der Türkenzeit bezeugen. Diese Sitznischen waren geeignet, eine sehr wertvolle Verzierungskunst zu entfalten; ihre Forment­wicklung bildet das Wesentliche ihrer kunst­geschichtlichen Entwicklung, sofern die ande­ren Steindenkmäler der Häuser (Fenster, Türen, Torumrahmungen, Arkadenbögen usw.) in vieler Hinsicht diesen sehr ähnlich sind. Wir werden sie in fünf typologische Gruppen geteilt be­sprechen, da uns jedoch bis heute keinerlei Daten zur Verfügung stehen, können wir aus der nachfolgenden Systematisierung nur ihre relative Chronologie feststellen. Zur ersten typologischen Gruppe gehören die einfachsten und zum großen Teil die ältes­ten Denkmäler dieser Art: die halbkreisförmig abgeschlossenen Sitznischen. Das Material die­ser Gruppe stammt im großen und ganzen aus drei Bauperioden und diesen kann noch ein selbständiger Nischentyp zugeteilt werden, der formenkundlieh bereits den Übergang zu einer anderen typologischen Gruppe darstellt. Das allgemeinste Merkmal der Sitznischen ist ihr bogenförmiger, leicht gekanteter Abschluß ohne Profil, die unter den Schultern von Pfeilern und nicht von Konsolen getragen werden. Ihr Material ist limnischer Hartkalkstein, ihre ver­arbeitete Oberfläche schariert. In die älteste Bauperiode gehören die Nischenreihen mit drei bzw. fünf Nischen in der West- und Ostwand der Toreinfahrt des Hauses Szentharomsag-Straße 7, die drei Ni­schen in der Südwand der Toreinfahrt des Hauses Fortuna-Straße 5 und die ursprünglich je drei Nischen in der Nord- und Südwand der Toreinfahrt des Hauses Üri-Straße 31. Das gemeinsame morphologische Merkmal der ersten drei ist die Abkantung der Abschlußbögen, die auf die Pfeiler nicht ohne Unterbrechung über­gehen, sondern oberhalb der Schulterlinie en­den, darunter wieder beginnen und schließlich am Fuß der Pfeiler, über der waagrechten Bank wiederum unterbrochen werden. Bei den beiden ersten sind die Bögen mit einem kugelsektoren­artigen Knopf abgeschlossen und darunter enden die Pfeiler in einem wellenbogenartigen Blättchen. Diese Unterbrechungen entwickel­ten sich aus den Spornprofilen der Zisterzien­ser Frühgotik (Übergangsstil), bzw. tauchen sie mit diesen gleichzeitig auf, wie z. B. an den Rippenbündeln am Fuße des Béla-Turmes der Liebfrauenkirche. Hier wurden sie zwischen den Jahren 1250—1275 nachgebildet, also kann ihr Erscheinen in Sitznischen nicht später als an das Ende des 13. Jahrhunderts bzw. in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts datiert wer­den. An den Sitznischen des Hauses Fortuna­Straße 5 sind die Unterbrechungen der Ab­kantung den vorigen gleich, doch mit dem Unterschied, daß an Stelle der Blättchen ein 103

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