Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 52. (2007)
DÖBERL, Mario: Höfisch oder privat? Die Beschaffung und Wartung von Wägen am Wiener Kaiserhof in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Werkstätten an einen Wagner- und an einen Schmiedemeister, die an Ort und Stelle mit eigenen Gesellen, Werkzeugen und Materialien die dringendsten Reparaturen durchführten.224 Bereits seit 1838 wurden am Wiener Hof vereinzelt Equipagen angekauft.225 Nun wurde dieses Vorgehen aber zur Regel. Was Neuanschaffungen und Reparaturen anbelangte, so versicherte Wrbna dem Kaiser: Anschaffungen neuer Wägen werde ich im Falle des Erfordernisses ausschließend bei Privatsattlem persönlich besorgen und hiebei auf die möglichst billigen Preise bedacht sein. Ein gleiches werde ich auch hinsichtlich der Anschaffung neuer Pferdegeschirre, Reitequipagen, Stallrequisiten und sonstiger Erfordernisse durch Privat-Gewerbsleute zu beobachten beflissen sein, welchen auch die größeren und kleineren Reparaturen dieser Gegenstände künftighin von mir werden zugeteilt werden, indem derlei Arbeiten in der blos auf acht Sattler- und zwei Riemergesellen beschränkten Sattlerei nicht mehr besorgt werden können.226 Für die große Zahl anfallender Reparaturen und für den Bau von neuen Equipagen galt es nun, zuverlässige Lieferanten zu ernennen. Die Zahl der Bewerber war groß. Zwar waren auch während des Zeitraums, in dem die erweiterte Hofsattlerei bestand, Hoftitel an bürgerliche Meister verliehen worden, aber seit 1841, also schon wenige Monate vor Beginn der Hofsattlereireform, stieg die Zahl der Ansuchen um Verleihung des Hoftitels enorm an. Allein im Zeitraum zwischen 1841 und 1845 erhielten sechs Sattler, vier Sattelmacher, vier Riemer, vier Schlosser, ein Wagenschmied, ein Wagentischler und zwei Wagner den erwünschten Ehrentitel.227 Der inflationär anmutende Umgang mit der Vergabe von Hoftiteln führte schließlich dazu, dass Ferdinand I. seinen Oberststallmeister gegen Ende 1845 aufforderte, dabei „mit Vorsicht und Sparsamkeit“ umzugehen.228 Mancher versuchte von der Systemumstellung zu profitieren. Zum Jahreswechsel 1842/43 erschien der Hofkutscher Georg Riba bei einigen bürgerlichen Sattlermeistem, die den Hof belieferten, und stellte sich als Kutscher des Oberststallmeisters vor. Andeutungsweise lenkte Riba das Gespräch auf das Thema Neujahrsgeschenke und erhielt daraufhin von zwei Hofsattlem tatsächlich beachtliche Geldbeträge überreicht, nämlich von Joseph Plank 15 fl. und von den Höfisch oder privat? Die Beschaffung und Wartung von Wägen am Wiener Kaiserhof 224 Oberststallmeister Wrbna an Kaiser Ferdinand I., Wien 1842 November 25, HHStA, OStA, C, 116, ZI. 2 511 aus 1843, unfol. 225 Siehe Anhang. 226 Oberststallmeister Wrbna an Kaiser Ferdinand I., Wien 1842 November 25, HHStA, OStA, C, 116, ZI. 2 511 aus 1843, unfol. 227 Döberl : Die Kutschen der Kaiser, S. 134-137, 139-143, 151, 153-155. 228 Kaiser Ferdinand 1. an Oberststallmeister Wrbna, Wien 1845 November 11, HHStA, OStA, C, 117, ZI. 4 796 aus 1845, unfol. 163