Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 52. (2007)

DÖBERL, Mario: Höfisch oder privat? Die Beschaffung und Wartung von Wägen am Wiener Kaiserhof in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Mario Döberl 9. Kritik an den hohen Anschaffungs- und Erhaltungskosten der Equipagen Im Sommer 1834 nahm der österreichische Thronfolger Ferdinand in Vertretung des Kaisers zum verspätet vorgelegten summarischen Gebarungsausweis des Oberststallmeisteramtes fur die Jahre 1829-1832 Stellung. Seine besondere Aufmerksamkeit erregten die hohen Beträge der Rubrik „Stallerfordemisse, Erhaltung der Wägen und Reitequipagen“. Ferdinand war der Ansicht, dass die Ausgaben „durch die Leistungen für die Hofwagenburg [...] nicht gerechtfertiget“ seien und bat den Oberststallmeister um Aufklärung, „welche Arbeiten und Herstellungen an der Größe dieser Auslagen Schuld tragen“ und „wie diesem Aufwande billige Schranken zu setzen wären.“189 Eine zufrieden stellende Begründung der Dotationsüberschreitung blieb jedoch aus. Statt die Ausgaben im Bereich der genannten Rubrik zu drosseln, sollten überhöhte Ausgaben während des gesamten vierten Jahrzehnts des 19. Jahrhunderts zur Regel und zum steten Stein des Anstoßes für Kaiser Franz I. beziehungsweise dessen Nachfolger werden. Eine eingehende Betrachtung der während dieses Jahrzehnts getätigten Ausgaben für Fahrzeuge und Geschirre macht verständlich, warum man in Wien letztlich wieder von einer hofeigenen Wagenproduktionsstätte abging. Nachdem die Bilanzen für das Jahr 1833 erneut Überschreitungen in der erwähnten Rubrik aufwiesen und den Unmut des Thronfolgers erregt hatten,190 brachten auch die Gebarungsausweise für das Folgejahr keine Verbesserung. Anstatt der veranschlagten 60 000 fl. wurden 67 786 fl. 24 kr. ausgegeben. Das Oberststallmeisteramt versuchte den Mehraufwand mit verschiedenen widrigen Umständen zu rechtfertigen. So seien die Remisen, in welchen die Hofwägen auf Reisen untergestellt würden, nicht den Anforderungen entsprechend, was dazu führe, dass die Fahrzeuge stark unter den Einflüssen der Witterung zu leiden hätten. Während der Sommeraufenthalte komme es sogar häufig vor, dass die Fahrzeuge bei den Lustschlössern gar keinen Unterstand fänden, weil die für sie vorgesehenen Schupfen zweckentfremdet und mit anderen Gegenständen belegt seien. Die wertvollen Equipagen seien in solchen Fällen vollständig dem Regen ausgesetzt, was zu schneller Abnützung und hohen Instandsetzungskosten führe.191 Als die Gebarungsausweise für 1835 in jener Rubrik, die auch die Erhaltung der Wägen beinhaltete, die genehmigte Summe von 60 000 fl. um 27 892 fl. 43 kr. überschritten, versuchte Oberststallmeister Wrbna dem Kaiser zu erklären, dass für diese Abteilung des Oberststallmeisterstabes einfach nicht genug Geld zur Verfügung gestellt werde. Mit den vorhandenen Mitteln sei es kaum möglich, neue Wägen anzuschaffen. Der Hofstaat sei aber in den letzten Jahren stark 189 Erzherzog Ferdinand, Baden 1834 August 4, HHStA, OStA, A, 22, ZI. 2 458 aus 1834, unfol. 190 Erzherzog Ferdinand, Wien 1834 Dezember 12, HHStA, OStA, A, 22, ZI. 3 965 aus 1834, unfol. 191 Oberststallmeisteramt an Kaiser Franz I., Wien 1835 Oktober 25, HHStA, OStA, B, 59, ZI. 4 162 aus 1835, fol. 613v, 530r’v. 156

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