Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 52. (2007)

DÖBERL, Mario: Höfisch oder privat? Die Beschaffung und Wartung von Wägen am Wiener Kaiserhof in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Mario Döberl Für sämtliche Flandwerker der Hofsattlerei galten streng einzuhaltende Arbeitszeiten. Wochentags mussten sie zu jeder Jahreszeit von sechs bis zwölf Uhr vormittags und von ein bis sechs Uhr nachmittags ihren Dienst verrichten; fielen aber dringende Arbeiten an, waren sie dazu angehalten, abends auch länger zu arbeiten."3 Überstunden wurden grundsätzlich nicht bezahlt. Zeitweise waren die Tätigkeiten in der Hofsattlerei mit großen körperlichen Anstrengungen und gesundheitlichen Risiken verbunden - man denke etwa an das Abnehmen der schweren Wagenkästen reparaturbedürftiger Kutschen vom Fahrgestell und das abermalige Einhängen der Kästen.113 114 Solch schwere Arbeiten wurden nur werktags, nicht aber an Sonn- und Feiertagen durchgeführt. Diese waren nicht für alle Gesellen arbeitsfrei, denn auch an Wochenenden mussten Handwerker in der Hofsattlerei anwesend sein, um die in Verwendung stehenden Fahrzeuge zu schmieren und auf Schäden zu überprüfen.115 Die Herkunft von 97 Handwerksgesellen, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Hofsattlerei arbeiteten, ist in den Amtsakten dokumentiert.116 62 von ihnen stammten aus dem Territorium des Habsburgerreiches, davon 20 aus dem heutigen Gebiet Wiens und 17 aus Böhmen. Der Geburtsort zahlreicher Handwerker lag außerhalb der Grenzen der Monarchie: 32 Handwerker kamen aus verschiedenen deutschen Staaten, zwei aus der Schweiz und einer aus Polen. Von 87 Gesellen der Hofsattlerei ist auch die Konfession in den Akten festgehalten.117 71 von ihnen waren katholischen Glaubens, 16 Protestanten. Dieser hohe Anteil an Nicht-Katholiken war ungewöhnlich, neigte doch Kaiser Franz I. dazu, diese so weit als möglich von Hofdienerstellen fern zu halten.118 Bei den Handwerkern scheint diesbezüglich allerdings größere Nachsicht gewaltet zu haben. 113 Die Arbeitszeiten für die reformierte Hofsattlerei wurden am 8. März 1820 festgelegt. Oberststallmeisteramt, Wien 1820 März 8, HHStA, OStA, B, 28, ZI. 448 aus 1820, unfol. 114 Oberststallmeisteramt, Wien 1841 Juli 1, HHStA, OStA, C, 112, einliegend ZI. 1 234 aus 1841, unfol. 115 Oberststallmeister Wrbna an Kaiser Ferdinand I., Wien 1838 Februar 3, HHStA, OStA, C, 114, einliegend ZI. 691 aus 1838, unfol. 116 Vgl. Döberl: Die Kutschen der Kaiser, S. 163-179. 117 Ebenda. 118 Als Oberststallmeister Trauttmansdorff in den Jahren 1813/14 ausländische Reitschulen besichtigte, in der Hoffnung, dort frische Kräfte für die reformbedürftigen Reitschulen des Wiener Hofes abwerben zu können, fand er zwar fähige Männer, allerdings war deren Konfession dem Kaiser nicht genehm: „Das alte Herkommen, keinen Akatholiken bey Hofe anzustellen (wo nunmehr gleichwohl Beispiele vorhanden sind), hatte das Haupt- und einzige Mittel zur Erreichung meines Zweckes vereitelt [...].“ Oberststallmeister Trauttmansdorff an Kaiser Franz 1., Wien 1818 Juli 6, HHStA, OStA, C, 103, ZI. 1 171 aus 1818, unfol. Zur Reise Trauttmansdorffs siehe auch Oberststallmeister Trauttmansdorff an Kaiser Franzi., Wien 1818 Dezember 24, HHStA, OStA, C, 103, ZI. 1 823 aus 1818, unfol. Bei der Besetzung von Bereiterstellen hatte der Kaiser nicht nur religiöse Vorbehalte, sondern lehnte auch Ausländer im Allgemeinen ab; solche sollten nur „im unausweichlichen Falle“ aufgenommen werden. Kaiser Franz I., Baden 1818 140

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