Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 52. (2007)

DÖBERL, Mario: Höfisch oder privat? Die Beschaffung und Wartung von Wägen am Wiener Kaiserhof in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Höfisch oder privat? Die Beschaffung und Wartung von Wägen am Wiener Kaiserhof 6. Arbeitsbedingungen in der Hofsattlerei Die zahlreichen in der Hofsattlerei beschäftigten Handwerker waren nach der Reform von 1820 in zwei Klassen unterteilt: in jene, die eine feste Anstellung bei Hof hatten, und jene, die nur einen Taglohn erhielten. Die vier Sattler- und zwei Riemergesellen, die eine systemisierte Stelle bekleideten, wurden mit einer Hoflivree ausgestattet. Neben einer jährlichen Besoldung in der Höhe von 250 fl. C.M. erhielten sie entweder eine Wohnung zugewiesen oder ein Quartiergeld von 40 fl. C.M.96 Mit dem Betrag von 40 fl. C.M. konnte allerdings der jährliche Mietzins einer nahe der Hofstallungen gelegenen Wohnung unmöglich bestritten werden. Wohnungen, die den Naturalquartieren in den Hofstallungen vergleichbar waren, kosteten im Jahr 1845 auf der Laimgrube etwa 75-80 fl. C.M. und am Spittelberg 60-65 fl. C.M.97 Zuweilen musste aber auch mit über 100 fl. C.M. für eine adäquate Unterkunft gerechnet werden.98 Wer für eine mehrköpfige Familie zu sorgen hatte und nicht soviel Geld für ein Quartier ausgeben konnte, stand deshalb vor der Wahl, sich entweder mit einer kleinen Wohnung zu begnügen und „alle Familienglieder in einem Raume aufzunehmen, was aber als moral- und sanitätswidrig“99 angesehen wurde, oder eine weit von seinem Arbeitsort entfernte Unterkunft zu nehmen, was sowohl für den Hofdiener als auch für den Hof selbst Nachteile mit sich brachte.100 Aber nicht nur aus Ersparnisgründen waren Naturalquartiere in den Hofstallungen begehrt, sondern auch weil dieses Gebäude die schöne freie Lage und deshalb auch das herrliche Licht hat, und weil die Piecen wegen der größeren Entfernung der Fensterachsen auch größer als in Privathäusem sind.101 Die Bezahlung der Aushilfsgesellen, die allesamt ein Gewerbe erlernt hatten, war mit jener der fest angestellten Gesellen vergleichbar. Sie erhielten einen Taglohn in der Höhe von zumeist 48 kr. C.M.102, was bei regelmäßiger Beschäftigung einem 96 Im Jahr 1838 wurde die Besoldung der sechs fest angestellten Hofhandwerker von 250 fl. C.M. auf 275 fl. C.M erhöht. Von 1841 an erhielten sie zusätzlich eine jährliche Zulage von 12 fl. C.M. Die reguläre Besoldung wurde schließlich im Jahr 1850 von 275 fl. C.M. auf 315 fl. C.M. angehoben. Oberststallmeisteramt an Finanzminister Krauß, 1850 Juli 27, HHStA, OStA, B, 93, ZI. 1528 aus 1850, unfol.; Finanzministerium an das Oberststallmeisteramt, 1850 August 31, HHStA, OStA, B, 93, ZI. 1 843 aus 1850, unfol. 97 HHStA, OStA, B, 80, ZI. 1 357 aus 1845, unfol. 98 Oberststallmeister Wrbna an Kaiser Ferdinand 1., Wien 1844 April 21, HHStA, OStA, C, 116, ZI. 1 613 aus 1844, unfol. 99 Ebenda. 100 Oberststallmeister Wrbna an das Geheime Kabinett, Wien 1840 März 27, HHStA, OStA, B, 68, ZI. 1 039 aus 1840, unfol. 101 HHStA, OStA, B, 80, ZI. 1 357 aus 1845, unfol. 102 Der Taglohn für die Hofhandwerker wurde zumeist pauschal mit 48 kr. C.M. angegeben. Ein Schriftstück, das den Personalstand der Hofsattlerei mit Stichtag 24. Mai 1830 auflistet, zeigt jedoch, dass bei der Höhe des Taglohnes zwischen den verschiedenen Professionen differenziert wurde. Die damals beschäftigten sechs Sattler, fünf Riemer und zwei Schneider erhielten einen 137

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