Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 52. (2007)

DÖBERL, Mario: Höfisch oder privat? Die Beschaffung und Wartung von Wägen am Wiener Kaiserhof in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Wie eine Stelle aus den so genannten Eipeldauer-Briefen zeigt, machten die neuen Hofwägen beim Publikum gehörigen Eindruck: Hietzt geht’s aufn Emst loß mit der Ankunft der hohen Potentaten, [...] den 21ten September geh i per Husar aufn Spidelberg aussi, [...] sieh i bein kaiserlich’n Stallungen a Mengi Menschen dö da Stengen und s’Maul auffeissen; frag i was s’gibt; so hasts daß unser gnädigster Kaiser grossi Revier über die Equipaschen halt’t, dö alli funkel neu seyn g’macht word’n, damit si die Kaiser und Kaiserinnen, Kinig und Kiniginnen, Prinzen und Prinzessinnen, nebst all den G’folg das s’mitbringen werdn, damit bedienen kinnen - Herr Vetter das iß a Pracht daß ein’n völli s’Herz lacht, i hab über 150 solchi ganz neuhi Wagen, Schwimmer und Parutsch g’sehen dö alli aussehen, als wann’s aus ein’n Model g’gossen wär’n, alli grüen von feinsten Lack mit’n goldenen kaiserlichen] Adler aufn Schlag, und aufn Seitenwänden überall d’Kaiserkron auf ein Polster von Gold, der Bock so breit wie a ganz’s Himmel-Bett, und mit langmätig’n goldenen Franzen bei den masten verbrämt, und dö Pferd O Herr Jerum dö Pferd! - die masten lauter Bräuln von ein’n Schlag, nacher wieder Postzüg von lauter weissen Schimmel und Schecken - [...] S’ganzi Publikum had a Freud daß si unser gnädigster Kaiser vom fremden Potentaten so sehen laßt [...].37 Auf den ersten Blick mag es überraschen, dass die neuen Hofwägen, die ja von vielen verschiedenen Meistern erbaut worden waren, beim Betrachter den Eindruck erweckten, als wären sie alle aus einem Modell gegossen. Der Grund dafür lag in ihrer vollkommen gleichförmigen Ausführung, was ein Novum darstellte und in der eben zitierten Textstelle auch besonders hervorgehoben wurde. Neu war, dass alle Hofwägen gleichmäßige Verzierungen schmückten - Trauttmansdorff hatte „zu Erhöhung des Glanzes an den Wagenschlägen goldene Adler, am Kasten aber goldene Kronen anbringen“38 lassen - aber auch die einheitlich dunkelgrüne Farbe, häufig auch „kaisergrün“ genannt, war erst anlässlich des Wiener Kongresses zum Markenzeichen der Hofwägen geworden. Dies zeigen die Farbangaben für Hoffahrzeuge, die zwischen 1803 und 1808 gebaut wurden. Auch bei ihnen herrschte die Farbe Grün vor, allerdings in verschiedenen Tönen. Daneben gab es aber auch Hofwagen, die blau, silbern, grau oder schwarz lackiert waren.39 Schon wenige Jahrzehnte später war eine andere als grüne Fassung für Hofequipagen undenkbar. Im Jahr 1831 plante die Generalhofbaudirektion einen seit einiger Zeit vom Hofmarstall entliehenen Dienstwagen gelb streichen zu lassen. Dies wurde damals im Oberststallmeisteramt mit Befremden vernommen, „da doch sämtliche Hofwägen, und selbst diejenigen, die nicht zum Oberststallmeisterstabe gehören, bis nun dunkelgrün lackiert waren.“40 Höfisch oder privat? Die Beschaffung und Wartung von Wägen am Wiener Kaiserhof 37 Gewey, Franz X. Carl (Hrsg.), Briefe des neu angekommenen Eipeldauers an seinen Herrn Vetter in Kakran, Heft 11 (1814), S. 28-30. 38 Oberststallmeister Trauttmansdorff an Kaiser Franz I., Wien 1814 Oktober 24, HHStA, OStA, C, 101, ZI. 1 905 aus 1814,unföl. 39 Von 27 in den Jahren 1803, 1804, 1805 und 1808 hergestellten Fahrzeugen waren acht grün, drei lichtgrün, einer stahlgrün, drei stahlgrün/schwatz, vier schwarz/grün, einer olivgrün/gelb, einer blau, einer lichtblau, einer grau/kirschrot und vier silbern gestrichen. HHStA, OStA, C, 81, Fasz. 9, unfol. 40 Oberststallmeisteramt an das Obersthofmeisteramt, Wien 1831 Juli 24, HHStA, OStA, B, 52, ZI. 2 124 aus 1831, unfol. 123

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