Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 51. (2004)

AGSTNER, Rudolf: Die diplomatische und konsularische Präsenz von Österreich(-Ungarn) im Afrika südlich der Sahara

Rudolf Agstner industrielle Entwicklung der asiatischen und afrikanischen Länder Staaten erfordern die rasche Errichtung zusätzlicher Vertretungsbehörden in diesem Raum. Dies gilt insbesondere für Äthiopien [...] Kenia, Länder die bestrebt sind, den wirtschaftlichen Aufbau möglichst mit Hilfe solcher Industriestaaten durchzuführen, von denen sie keinerlei politische Einflußnahme auf ihre internen Angelegenheiten zu fürchten haben. Die Errichtung einer Gesandtschaft in Addis Abeba ist [...] auch mit Rücksicht audf den seinerzeitigen Besuch des Kaisers von Äthiopien in Wien angezeigt. Außerdem könnte ein effektives Konsularamt in der englischen Kronkolonie Kenia erst dann errichtet werden, wenn im selbständigen Abessinien eine österreichische Gesandtschaft eröffnet worden ist.15 Die 1953 mit Leopoldville16 beginnende Errichtung von Außenhandelsstellen in Afrika durch die damalige Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, heute Wirtschaftskammer Österreich, führte in mehreren Orten zu der kostengünstigen Lösung, den Leiter der dortigen Außenhandelsstelle zum Honorarkonsul zu bestellen, womit sowohl den Interessen der österreichischen Diplomatie als auch der Wirtschaft gedient war. Im Sommer 1960 geriet der Kongo in das Blickfeld der österreichischen Politik17, als nach der am 30. Juni 1960 erfolgten Entlassung der Kolonie Belgisch-Kongo der riesige Staat im Chaos versank. Schon im Juli 1960 setzt sich Außenminister Dr. Kreisky für die Teilnahme von Einheiten des Bundesheeres an der sich abzeichnenden UN- Operation im Kongo ein. Schließlich wurde im Dezember 1960 ein - aus Freiwilligen bestehendes - österreichisches Sanitätskontingent zu ONUC in den Kongo verlegt. Der politische Hintergrund lag auf der Hand - Österreich wollte die Südtirol-Frage auf die Tagesordnung der XV. Generalversammlung der Vereinten Nationen bringen und sich die Unterstützung der - oft gerade unabhängig gewordenen Staaten - der Ditten Welt sichern.18 Damit war Österreich - bis 1963 - gewissermaßen militärisch in Afrika präsent, nicht jedoch diplomatisch. Angesichts der zahlreichen Staaten Afrikas, die 1960 und 1961 in die Unabhängigkeit entlassen worden waren - und ohne deren Unterstützung Österreich 15 Beschlussprotokoll der Sitzung des Ministerrates 136 vom 26.6.1956, BKA/AA 534 154-Pers/56 vom 19.7.1956; zurückgezogen. 16 Die Außenhandelsstelle [in Hinkunft; AHSt] Leopoldville war die 29. AHSt und war älter als die AHSt in Chicago, Toronto, Athen oder Moskau, was für die großen Erwartungen sprach, die Österreichs Wirtschaft in den Kongo setzte. 17 Österreich-Ungarn zählte zwar wie andere europäische Mächte im Februar 1885 in Berlin zu den Unterzeichnern der Kongo-Akte, durch welche König Leopold II von Belgien das riesige Gebiet des neu geschaffenen Kongo-Freistaates als persönliches Eigentum erwarb, hiefür waren aber auch verwandtschaftliche Gründe maßgebend; Leopold II. hatte 1853 Erzherzogin Maria Henriette, Kronprinz Rudolf 1881 Leopolds Tochter Prinzessin Stephanie geheiratet. 18 Schmidl, Erwin A.: Blaue Helme - Rotes Kreuz, Das österreichische UN-Sanitätskontingent im Kongo, 1960 bis 1963, Innsbruck 1995, Kapitel „Für Südtirol in den Kongo“, S. 38 ff. 42

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