Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 51. (2004)
ORTLIEB, Eva: Die „Alten Prager Akten“ im Rahmen der Neuerschließung der Akten des Reichshofrats im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien
Die .Alten Prager Akten’ im Rahmen der Neuerschließung der Akten des Reichshofrats Reichshofratsakten zum Schutz vor Luftangriffen zunächst in einem Keller eines nahe gelegenen Hauses (Bankgasse 8).53 Im September 1943 wurden sie in das Khevenhüller- Schloss Fronsburg bei Retz in Niederösterreich ausgelagert,54 von wo sie im Rahmen der 49. Rückführung im Spätsommer 1946 an den Minoritenplatz zurückkehrten.55 Schäden oder Verluste scheinen durch die Flüchtung nicht entstanden zu sein. Bei zwei Besichtigungen des Bergungsorts wurde die Unterbringung der Archivalien als im Wesentlichen gut beurteilt.56 Derzeit sind die APA zusammen mit den anderen Serien des Reichshofratsarchivs wiederum in einem Ausweichquartier in einem Keller unter der Wiener Hofburg untergebracht, bis die Generalsanierung des Archivgebäudes am Minoritenplatz abgeschlossen sein wird. Die Bestandsgeschichte der APA erklärt einige, aber längst nicht alle Besonderheiten des Materials, das heute in dieser Serie versammelt ist und nun im Detail verzeichnet wird. Da die der lateinischen Expedition der Prager Kanzleifiliale entstammenden Akten schon in den 1770er Jahren in andere Registraturen eingeteilt wurden, ist kaum noch mit lateinischen Verfahren, also insbesondere aus Reichsitalien sowie Teilen des Burgundischen Reichskreises, zu rechnen. Einige wenige derartige Vorgänge konnte die Neuverzeichnung bisher dennoch erfassen, etwa aus Besançon, Namur oder Toul. Auch italienische Betreffe fehlen nicht völlig.57 Nur teilweise mit den durch die Bestandsgeschichte geweckten Erwartungen zur Deckung bringen lässt sich dagegen die zeitliche Erstreckung der APA. Zwar betrifft ein Großteil des Materials die Regierungszeit Kaiser Rudolfs II., in der die Prager Filiale entstanden war und die Hauptabteilung der RK am kaiserlichen Hof bildete. Dass die Akten der reichshofrätlichen Verfahren dieser Zeit zu einem großen Teil in Prag blieben und, was die deutsche Expedition betrifft, noch heute in den APA zu finden sind, ergibt sich aus der Analyse der zeitlichen Verteilung der im sog. Wolfschen Repertorium - dem bis heute verwendeten Hauptbehelf zu den Judicialia des RHR - verzeichneten Fälle, das 53 Winter, Otto Friedrich: Die „Obere Registratur“ des Reichshofrates 1938-1954, in: MÖStA 8 (1955), S. 307-321, hier S. 312. 54 HHStA, Kurrentakten, Sonderreihe 16: Bergungsakten, ZI. 1 655/1943 und 1 718/1943. 55 HHStA, Kurrentakten, Sonderreihe 16: Bergungsakten, ZI. 216/1945 (handschriftlich fortgeführt) und 628/1946. 56 Die erste Begehung fand im Jänner, die zweite im Oktober 1944 statt: HHStA, Kurrentakten, Sonderreihe 16: Bergungsakten, ZI. 122/1944 und 1 316/1944. Verluste erlitt allerdings die sog. Obere Registratur: Winter: „Obere Registratur“ (wie Anm. 53). 57 Z. B. Besançon contra Jouffroy (1563): APA 6, fol. 520-525; Briot contra Riotet (1563) : APA 6, fol. 530-531; Casulini contra Caretto (1579): APA 29, fol. 277. 607