Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 51. (2004)

STROMENGER, Arthur: „Sozialwissenschaftliche Nebenprodukte“ der Quellenforschung

„Sozialwissenschaftliche Nebenprodukte“ der Quellenforschung Mutter noch Kind zu Schutz verhelfe, hingegen Männern Unrecht zufügen könne.68 In vielen Fällen haben sich aber Männer tatsächlich mit ihrer Unterschrift im Kirchenbuch als Väter bekannt. Es ist anzunehmen, dass die Pfarrer in dieser Hinsicht auf sie Einfluss nahmen. Medizinisches: Bei Eintragungen dieser Kategorie kommt das im Laufe der Zeit wachsende Interesse an medizinischen Sachverhalten zum Ausdruck. Während in den frühen Kirchenbüchern selbst bei Todesfällen keinerlei Hinweise auf die Todesursachen zu finden sind, wird etwa ab der Mitte des 18. Jahrhunderts vermerkt, woran Menschen starben. Zuvor war nur wichtig, dass der oder die Verstorbene „selig entschlafen“, allenfalls „ruhig und vernünftig“ verschieden war.69 Diese letztere person ist eine geraume zeit bettlägerig gewesen. Die vorher beschriebenen 3 personen, weil sie gehlings gestorben, mögen schon die pestilenzische brühe an sich gehabt und daran gestorben sein. Nach dem sind bis zum ende des jahres an der contagion70 von beyden religionen gestorben 2 061, und waß von der militz gestorben, ist die völlige zahl der verstorbenen 2 529. [Sonst starben jährlich zwischen 35 - 100 Personen].71 Angabe diverser Todesursachen in den Totenbüchern, z. B.: „Absetzung des Gichtstoffes auf das Gehirn“ (1844), „nervöse Gicht“ (1853), „Säuferwahnsinn“ (1854).72 68 Ev. PfA Lemberg, KB 1779-1806. Der folgende Text ist nicht nur lateinisch, sondern auch polnisch abgedruckt, in das Kirchenbuch eingeklebt, und entstammt offenbar noch königlich polnischer Zeit, denn die Strafe für Nichtbefolgung war in polnischen Zloty angegeben, einer Währung, die nach der Besetzung Galiziens durch Österreich aufgehoben wurde. Originaltext: „Observavit tamen Parochus apud infantes ex illegitimo Thoro provenientes, ne Nomen Parentis Libro Baptisatorum inscribitur; cum istud alioquin ad simplicia narrata Matris, ad Clamor vulgi aut ad nutum vel opinionem Parochi inscribi deberet, quae Inscriptio tamen semper dubia manet, opinativum Parentem in oculis aliorum despectum reddit, & de Jure ne Matri, nec Infanti prodest. Tantum tunc proinde est nomen Parentis inscribendum, quando hic se ipsum pro Parente neonati declarat“. 69 Eine sehr häufig vorkommende Formulierung in evangelischen Kirchenbüchern des 16. und 17. Jahrhunderts war „[...] ist aus diesem Jammertal geschieden“. 70 Unter „Contagion“ verstand man ansteckende Krankheiten. 71 Ev. PfA Levoca, Slowakei, KB 1684-1775, S. 58 = 1710. 72 Ev. PfA Lemberg, Totenbücher der angegeben Jahre. 587

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