Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 51. (2004)

STROMENGER, Arthur: „Sozialwissenschaftliche Nebenprodukte“ der Quellenforschung

„Soziaiwissenschaftliche Nebenprodukte“ der Quellenforschung Gibt zum vatter des kindts an einen Studenten, so da heiße Christoffel Wiek, eines doctoris zu Ulm sohn, welcher zu Tübingen bey Bartholomeo Hüttlem, einem professori, zu tisch gangen, dessen köchin sie gewesen. Heinrich Matz, gewesener hausknecht, welcher über das benachbarte wirthsdach aus seinem hauß zu der magd nächtlicher weilen steigen wollen, aber unglücklich vom dach herunter gegen den wagen und sich knall und fall zu tod gestürtzt. Ohne klang und gesang mit der procession, jedoch ohne vorher getragenes creutz in den gottesacker begleitet, beim beinhaus begraben und von herm adjunct eine nachdrückliche warnungsrede gehalten.60 61 Chronikales: Ungleich mehr als in katholischen Kirchenbüchern, kommen in den evangelischen chronikartige Beschreibungen von Ereignissen vor, die für die Menschen von Bedeutung waren. Vermerkt wurden vornehmlich Naturkatastrophen, Feuersbrünste, Unglücksfälle, auch Kriegsereignisse. Dies 1629. jahr den 10 Iuly sind vom schneegebierge flettermäuse mit großen hauffen, als wenn ein großes heer kriegsvolck käme, sind sie geflohen kommen. So starck und dicke, daß sie auch die sonne mit ihren flähen bedecket haben, hemachen haben sie sich in etliche hauffen getheilet, der eine hat sich länger als die Stadt ausgebreitet, hernach auf den feldem, in gärten alles abgefressen. Zuvoraus aber seynd sie dem kraude in den gärten sehr schädlich gewesen, rettich, rüben und weidenblätter, pappelblätter abgefressen, und beschmeißt; hernach seynd aus den schmeißen raupen gewachsen, den kraudegärten großen schaden gethan, daß man daher wenig kraut hat können einlegen.62 Papp Stephan. Der vater dieses kindes, der seine königliche hoheit, den eben durch Leutschau reisenden palatin, erzherzog Joseph, in einer instanz gebeten hatte, bey der taufe daselben die pathenstelle zu vertreten, verlangte, daß man diesen prinzen als pathen einschreiben solle. Da er aber keine beweise geben konnte, daß seine königliche hoheit ihm unehelichen Kindes, dass er der Vater war. Anlässlich der periodischen Visitationen durch die Kirchenoberen, bei denen man auch die Kirchenbücher kontrollierte, wurde das Fehlverhalten des Pfarrers dann offenkundig. 60 Ev. PfA Colmar, KB 1595-1626, S. 447 = 26.8.1626. 61 Ev. PfA Kitzingen, KB 1719-1733, S. 179 = 10.2.1733. Dass die Weglassung von „Klang und Gesang“ bei Begräbnissen von Kindern oder von armen Leuten üblich war, geht einwandfrei aus allen Totenbüchem hervor, in denen Todfallsgebühren verzeichnet sind. Die Weglassung des Vortragkreuzes in diesem Fall ist aber eher als eine Kirchenstrafe zu sehen. - Der Erfolg der postumen Warnung durch den Adjunkten bleibt fraglich. 62 Ev. PfA Kesmark, Slowakei, KB 1601-1669, S. 77 = 10.7.1629. 585

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