Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 51. (2004)

STROMENGER, Arthur: „Sozialwissenschaftliche Nebenprodukte“ der Quellenforschung

Arthur Stromenger hochlöblichen haus Östereich gewöst|47, außer, was an irer gueten gestalt (darauf am wenigisten zu pauen) concurierdt zu coditiem seye.48 E.Mt. werdt allergenedigist pewisst sein, wasmassen vor disent ain spanischer Augustinermönch, so ain capaun, ihn des Hg. von Baym capelin und dienst gewöst, weil er aber (seinem fürgeben nach) strenger jesuitischer reformation halber dort nit pleiwen wollen noch khin, het er sy widerumben herein zue seinem orden begewen und mir zue endtpotten, sover E.Mt. sich seiner pedienen wollen, wolle er sy dorthin verfuegen und ihn derselben diensten ersterben.49 Vor allen dingen wur ehr gelt auf die zoning habben wollen. Dises sein fantastisch leuth, mit dennen hart auszukhomen.50 51 52 Gester habe ich gedachte französische pottschafft besuecht, sicht nit ain ungleichen mann gleich, heindt pin ich seiner gewartund. [...] Hat vil junge langharige pursch5‘bey sich, das khombt nun alhie etwas selzam für. Den 16. diz haben die kaiserin, mein allergenedigiste frau, in der nacht (salva reverentia) camergäng angestoßen, darzue ain alteration und fieber geschlagen, also daß in ansehung ihres alters und schwachait große sorg und forcht verursacht, nit sovil die camergäng, als daß dieselben gar pöser qualitet warn. Khevenhüller an Rudolf II., Madrid, 1600 August 20. HHStA Wien, Staatenabteilungen, Spanien, Dipl. Korr. 13/2, f. 80'-83v, eigenh. Ausf. - Die Vorgeschichte war, dass sich der französische König Heinrich IV. mit Maria von Medici, einer Nichte des Großherzogs der Toskana verheiraten wollte, deren Mutter Johanna von Österreich gewesen war, eine Tochter Kaiser Ferdinands I. Mangels anderer Partien hatte Rudolf II. kurzzeitig erwogen, selbst diese florentinische Prinzessin zu heiraten. Es mutet mehr als eigenartig an, dass es zwischen den Höfen von Madrid und Prag eine, wenn auch verschlüsselte, Korrespondenz über die Idee gab, das königliche Brautpaar während der Seereise nach Frankreich zu belästigen (einem Brief Khevenhüllers vom 27. Oktober zufolge sogar „dem könig aus Franckhreich sein praut zu endtziehen“) und „Possen zu reißen“. Die Kaiserin war entschieden dagegen. 48 Ebenda. - Man versuchte also, sich durch Spott über die nicht zu Stande gekommene Ehe zu trösten. 49 Im allgemeinen Sprachgebrauch ist der Kapaun ein kastrierter Masthahn. Daneben: „Gekäpte, aber nicht cappaunte Mönch (Mönche, die kein Eunuchenleben führen)“. Grimm, Bd. 2, S. 604 und Bd. 11, S. 182. 50 Khevenhüller an Rudolf II., Madrid, 1600 August 20. HHStA Wien, Staatenabteilungen, Spanien, Dipl. Korr. 13/2, f. 80r-83v, eigenh. Ausf. - Das primäre Interesse dieses „Kapauns“ dürfte die Erlangung von Reisekosten (zoning) gewesen sein. 51 Khevenhüller an Rudolf II., Madrid, 1600 Oktober 11. OÖLA Linz, Herrschaftsarchiv Kammer, Khevenhüller-Briefbücher Nr. 6, 1600-1605, f. 57'-57v, Kanzleihand. - Über den Zweck der langhaarigen Burschen hat Khevenhüller keine weiteren Angaben gemacht. 52 Khevenhüller an Rudolf II., Madrid, 1600 Oktober 20. OÖLA Linz, Herrschaftsarchiv Kammer, Khevenhüller-Briefbücher Nr. 6, 1600-1605, f. 58, Kanzleihand. - Anscheinend litt die Kaiserin an einem starken Durchfall und musste in der Nacht öfter den Abort aufsuchen. 582

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