Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 51. (2004)
MÜLLER, Mathias F.: Die Zeichnungen der Historia Friderici et Maximiliani
Die Zeichnungen der Historia Friderici et Maximiliani ihren räumlichen Bezügen nun von Grund auf versteht und gleichzeitig auf den Oberflächenreichtum der früheren Kompositionen weitgehend verzichtet. Abschließend möchte ich noch dem Henker aus der Historiazeichnung König Maximilian hält nach der Eroberung von Kufstein das Strafgericht (Abb. 23) die Figur des Abraham aus dem Holzschnitt Das Opfer Abrahams gegenüberstellen68 69 (Abb. 24) und damit auf die raumgreifenden Spiraldrehungen ihrer Körper verweisen, wenngleich beim Historiablatt Altdorfer die Bewegung noch nicht ganz so analytisch begreifen konnte, wie er es bei seinem wohl 1516 entstandenen meisterlichen Abraham verstand, der darüber hinaus ein starkes Eigenleben besitzt.70 Die Klarheit in der Form und somit auch die räumliche Durchzeichnung scheint in der Historiaskizze zwar noch zu fehlen, was auf die zeitliche Abfolge ihrer Entstehung schließen lässt, die beiden Blätter werden aber zeitlich nicht allzu weit voneinander entfernt sein, da man, wie schon erwähnt, nicht übersehen sollte, dass die Historia eine vorbereitende Skizze zur eigentlichen Illustration ist, während der Abraham als Vorlage für andere Künstler bestimmt war und seine Erfindung für eine größere Öffentlichkeit dementsprechend sorgfältig ausgeführt zeigt. Die freie spiralige Drehung im Raum jedenfalls sowie die damit verbundene neue Linienführung macht den vollständig entwickelten Figurenstil Altdorfers trotz der skizzenhaften Zeichenweise der Historia evident. VI. Fassen wir die Kriterien für die stilistische Entwicklung Albrecht Altdorfers zum Schluss noch einmal rekapitulierend zusammen, so dürften die Skizzen der Historia unmittelbar nach den 1514 entstandenen Grafiken für den Ehrenbogen gezeichnet worden sein, aber noch vor dem Holzschnitt Das Opfer Abrahams, der alle Stilmerkmale des reiferen Altdorfer aufweist und 1516 entstand. Demnach müsste die Historia auch annähernd parallel zum Triumphzug ausgeführt worden sein, etwa gleichzeitig mit den nun aber verhältnismäßig sorgfältiger durchgezeichneten Gebetbuchzeichnungen um 1515. Was das Prinzipielle in seiner Kunst angeht, lässt sich eine deutliche Stilentwicklung feststellen, wobei der Hauptteil seines grafischen Werkes in jener Epoche geschaffen wird, in der er für den Kaiser tätig ist. Dies hängt nicht zuletzt mit seinem Alter zusammen, das er zu dieser Zeit schon erreicht hat und in dem sich auch seine innerliche Autonomisierung vollzieht. Diese Individualisierung der künstlerischen Persönlichkeit spiegelt sich nicht zuletzt in seinem Stil jener Jahre wider. 68 Ebenda,Taf. 44. 69 H ol 1st e i n : Altdorfer, Nr. w. 41. 70 Müller: Altdorfer - die rapide Entwicklung seines figürlichen Stils, S. 249, Abb. 14. 27