Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 51. (2004)
MÜLLER, Mathias F.: Die Zeichnungen der Historia Friderici et Maximiliani
Die Zeichnungen der Historia Friderici et Maximiliani beiden Werke hinweisen. Insbesondere bei dem Vergleich des Pferdes der Falknerin mit demjenigen Maximilians aus der Zeichnung Erzherzog Maximilian jagt im Burgbereich Geflügel kann man jedoch bei genauerem Hinsehen nicht auf eine parallele Entstehung schließen (Abb. 5). Durch die gleiche Künstlerpersönlichkeit sind wohl gemeinsame morphologische Einzelheiten bis ins kleinste Detail in beiden Zeichnungen etwa bei den Pferden festzustellen, aber bei der Raumauffassung insgesamt sowie bei den einzelnen Figuren zeigen sich doch die oben wiederholt erläuterten Unterschiede im Bildaufbau, in dem die Eigenfunktion und die Bild Wertigkeit der Form an sich ganz neue Bedeutung gewonnen hat. Denn die Figuren der Historiazeichnung sind schon viel runder und voller ausgebildet, wohingegen die aus dem Blatt mit der Falknerin noch klobig und flächig gezeichnet sind und sich gleichsam auf dem gesamten Blatt auszubreiten scheinen. Zudem haben wir es in der Historia mit einem schon viel weiter entwickelten Tiefenraum zu tun, in den die einzelnen Gestalten organisch integriert, also fester Bestandteil dessen sind, während die Figuren des Falknerblattes nur eine Landschaftsfolie hinterfängt, die sich ihrerseits nicht öffnen kann. Dies spricht gegen eine harmonisierte, aber für eine additive Raumauffassung, bei der das Motiv gleichsam noch als Widerpart des Bildganzen gesehen wird. Auch der Vergleich des Liebespaares am Kornfeld* 29 30 (Abb. 6) mit dem Blatt Friedrich wendet sich gegen Leibesstrafen30 (Abb. 7) zeigt neben der gemeinsamen Handschrift ebenfalls sehr schön, wie weit diese beiden Blätter gemessen am Bildaufbau nicht nur visuell-ästhetisch, sondern zeichnerisch-konstruktiv und somit zeitlich noch voneinander entfernt sind. Das Sitzmotiv ist in der Baseler Zeichnung doch noch sehr flach, es herrscht daher ein eigentümlicher Schwebezustand vor, der unserem Auge die genaue Lokalisierung der Beine und Füße auf dem Boden schwer fallen lässt. Auch das Verhältnis der Beine zueinander ist noch nicht überzeugend, da die Einbindung der gesamten Figur in den Umraum noch nicht ganz gelungen ist. Die Figuren wirken vor dem expressiv gestalteten Korn eher noch wie eine Applikation, da sie in die Fläche gedrückt werden. Bei der Historiazeichnung hingegen befindet sich die gesamte links im Bild seitlich sitzende Figur schon in einem Raum, zudem besitzen Gesäß, Beine und Füße, die klar am Boden auftreffen, haptische Qualitäten und eindeutige räumliche Beziehungen zueinander, ähnlich wie Vektoren einer geometrischen Zeichnung. Hierher gehört stilistisch der zeichnerisch äußerst fein ausgeführte Hl. Christophorus aus der Benesch - Auer: Historia, Nr. 23; M i e ! k e : Altdorfer, Nr. 30 f. 29 Winzinger: Altdorfer - Zeichnugen, Nr. 11. 30 Benesch - Auer: Historia, Nr 4; M i e 1 k e : Altdorfer, Nr. 30 c. 19