Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 51. (2004)
MÜLLER, Mathias F.: Die Zeichnungen der Historia Friderici et Maximiliani
Mathias F. Müller Schattenzonen des Zuber, in dem Maximilian steht, mit der Schattierung der Wiege aus einem Blatt des erst 1515 entstandenen Gebetbuches26 in stilistischen Bezug und erkennt auch hier wieder Analogien, die, konsequent gedacht, eine zeitgleiche Ausführung beider Werke intendieren würden, obwohl, nach Mielke zu schließen, zwischen beiden Blättern mindestens fünf Jahre liegen müssten! Des Weiteren analysiert Mielke anhand der oben erwähnten Vergleichbeispiele auch die Art und Weise, wie mit Parallelschraffuren die Bodenflächen, auf denen die Figuren stehen, akzentuiert werden und bemerkt dazu, dass die Anordnung von diversen Gerätschaften auf dieser Fläche zwischen den Blättern der Historia und der Berliner Zeichnung sehr ähnlich sei. Bei ihrer genauen Betrachtung jedoch lässt sich unschwer erkennen, dass etwa der schraffierte Boden der Berliner Zeichnung zum Unterschied zu den Historiadarstellungen keine nach hinten führende Ebene darstellt, sondern vielmehr hochgeklappt erscheint. Dabei sind auf diesem nun senkrecht wirkenden und tafelähnlichen Gebilde die Gegenstände zwangsläufig optisch übereinander und nicht tiefenräumlich hintereinander angeordnet. Grundlegend anders ist die Disposition in der Historia, wo diverse Gerätschaften klar positioniert sind und räumliche Beziehungen zu ihrem Umfeld besitzen, während - ich wiederhole mich hier - bei der frühen Berliner Zeichnung die Figuren darüber zu stehen scheinen. Die Darstellung ist narrativ in Bildzonen unterteilt. Auch die ruinöse Architektur im Hintergrund der Venuszeichnung wird von Mielke mit den Historiazeichnungen zusammengesehen, ohne jedoch zu bemerken, dass wir es bei ihnen schon mit einer anderen Auffassung hin zu einem tiefenräumlich-zentrischen Raum zu tun haben, in dem die Figuren stehen können, also integrativen Wert besitzen. In der Berliner Zeichnung hingegen steht die Venus gemeinsam mit ihrem Amor völlig isoliert auf einer Art Bodenschwelle am äußerst vorderen Bildrand. Die Einbindung der Figur in den Hintergrund fehlt noch völlig. Die exakte Festlegung ihres Verhältnisses zum Hintergrund ist hier also noch nicht vorhanden, während man gerade bei den Darstellungen aus der Historia von einem optisch zu erfühlenden räumlichen Gefüge sprechen kann, wo das zuweilen absichtlich stehen gelassene Weiß des Papiers schon gleichsam zum Licht wird und dadurch die Vordergrundszene vollständig in den Raum hinein absorbiert. Zudem ist jede einzelne Figur solitär betont und für sich gesehen, ohne aber dabei die vereinheitlichende Bildkraft der gesamten Komposition zu beeinträchtigen. Ebenso sieht Mielke die Berliner Falknerin27 (Abb. 4) mit den entsprechenden Darstellungen aus der Historia zusammen und möchte so auf die Gleichzeitigkeit der 26 Winzinger: Altdorfer - Zeichnungen, Nr. 89. 27 Ebenda, Nr. 10. 18