Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 50. (2003) - 200 Jahre Russisches Außenministerium

AUGUSTYNOWICZ, Christoph: „Ablegations-negocien von keiner erhöblichkeit“? – Wirken und Wirkung der Moskauer Großgesandtschaft in Wien 1687

„ABLEGATIONS-NEGOCIEN VON KEINER ERHÖBLICHKEIT“'? Wirken und Wirkung der Moskauer Großgesandtschaft in Wien 1687 Christoph Augustynowicz Im vorliegenden Beitrag wird eine Moskauer Gesandtschaft des 17. Jahrhunderts am Kaiserhof in Wien exemplarisch analysiert. Die Großgesandtschaft von 1686/1687 unter Leitung von Boris Petrovic Seremetev soll in den Zusammenhang der ostmittel- und osteuropäischen geopolitischen Situation sowie der konkreten politischen Probleme im Verhältnis zwischen Zar und Kaiser gestellt werden. Ne­ben dem Wirken soll aber auch die Wirkung der Gesandtschaft aufgezeigt werden. So sie im Rahmen der diplomatischen Beziehungen von Interesse sind, werden in diesem Zusammenhang neben den politischen Auswirkungen der Gesandtschaft zeremonielle und organisatorische Schwierigkeiten aufgezeigt werden, die in der jüngeren Forschung als kulturelle Missverständnisse1 2 charakterisiert wurden. Drei Themen werden behandelt: 1) Der Friede von Moskau von 1686 und die Machtverhältnisse im Osten Europas. 2) Wirken und Wirkung der Moskauer Gesandtschaft in Wien von 1687. Dazu werden diplomatiepolitische und militärische Themen, zeremonialpolitische Themen, organisa­torische Probleme und der Themenkomplex Finanzen und Geschenke behandelt. 3) Die Folgen der Moskauer diplomatischen Initiative 1686/1687. 1) Der Friede von Moskau von 1686 und die Machtverhältnisse im Osten Europas Die Moskauer Gesandtschaft, die in den ersten Monaten des Jahres 1687 in Wien weilte, signalisierte einen Wendepunkt für die Geschichte der Diplomatie in Ostmit­teleuropa am Ende des 17. Jahrhunderts. Sie stand in unmittelbarer Wechselwirkung mit den vorhergegangenen Ereignissen rund um den Friedensschluss von Moskau zwischen der polnisch-litauischen Republik und dem Moskauer Staat von 1686. Die festgelegten neuen Regelungen bezüglich der Grenzziehung hatten für Moskaus Außen- und Innenpolitik wesentliche Bedeutung. Einerseits wurden auf diesem Weg die geänderten Machtverhältnisse im Osten Europas und speziell das Verhält­nis zwischen den beiden Staaten bestätigt. Andererseits wurde der Moskauer Staat erstmals mit starken westlichen Einflüssen auf seinem nunmehr eigenen Staatsterri­1 Orsini von Rosenberg an Leopold I. Wien 1688 Dezember 29, Hofkammerarchiv, Wien [in Hin­kunft: HKA Wien], Reichsakten, Kart. 169, Nr. 131, 34F. 2 Vgl. Scheidegger, Gabriele: Perverses Abendland - barbarisches Russland. Begegnungen des 16. und 17. Jahrhunderts im Schatten kultureller Missverständnisse. Zürich 1993. Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 50/2003 43

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