Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 50. (2003) - 200 Jahre Russisches Außenministerium

SCHWARCZ, Iskra: Die diplomatischen Beziehungen Österreich-Russland in der zweiten Hälfte des XVII. Jahrhunderts

Iskra Schwarcz Für die Annäherung den beiden Staaten war die Zeit Peters des Großen entschei­dend und besonders der Aufenthalt der Großen Gesandtschaft im Sommer 1698 in Wien, an der Peter I. auch inkognito teilnahm.4' Leider musste der Zar feststellen, dass die heraufziehenden Auseinandersetzungen um das spanische Erbe die Wiener Politik bereits vollständig in ihren Bann gezogen hatten und der Kaiser nach dem Sieg den kaiserlichen Truppen bei Zenta (1697), an einem raschen Friedensschluss mit dem Osmanischen Reich interessiert war. Der Zar zog die Konsequenzen daraus und führte eine außenpolitische Kehrtwendung durch. Er wandte sich damit der anderen traditionellen Richtung zu, die nicht der Expansion im Süden den Vorrang gab, sondern der Konfrontation mit dem alten Rivalen im Norden-Schweden. Am Anfang wurden die Beziehungen auch dadurch erschwert, dass die Reise von Wien nach Moskau meistens ein Jahr und länger dauerte. Die direkte Verbindung durch Ungarn und Polen war wegen des Krieges in Polen und Litauen nicht mög­lich. Der Weg durch Moldau und über das Schwarze Meer war zu gefährlich und von den Osmanen und den Tataren kontrolliert. Nur die Reise durch Italien, Mit­telmeer und dann die Europäische Küste entlang, nördlich von Norwegen (weil das Baltische Meer von den Schweden kontrolliert war), bis zum Port Arhangelsk war noch denkbar. So reisten die kaiserlichen Gesandten Johann Christoph von Frag­stein und Christoph Bewer von der Binn. Sie verließen am 25. Oktober 1658 Wien und erreichten ein Jahr später, am 16. Oktober 1659, die Hauptstadt Moskau.41 42 Erst nach dem Vertrag von Andrussovo (1667) wurde 1668 die Postverbindung von Westeuropa durch Polen nach Moskau organisiert und die diplomatischen Kuriere konnten nach 3 bis 4 Monaten Moskau erreichen - 4 mal schneller als in den 50er Jahren des XVII. Jh. Nach dem Vertrag von Andrussovo (1667) kamen auch deutlich eine Entspan­nung in den Beziehungen zwischen Polen und Russland und eine Annäherung in den Interessen auf Grund der osmanischen Gefahr. Im Jahr 1675 reiste, wie schon erwähnt wurde, der kaiserliche Gesandte Buttoni, ein Friauler aus Triest, mit seiner Frau „Constantia Buttonin/vorhero Millnerin/gebohrne Schmidin“, mit der Tochter „Jungfraw Dorothea Millnerin“ und der Kammerdienerin „Maria Mittlmayerin/ Cammer-Magd. Ein Ober-Oesterreicherin von Linz“.43 Offensichtlich stammte die Tochter aus der ersten Ehe der Frau Butonni. Unglücklicherweise wurde die Frau des Gesandten schwanger und bei der Rückreise erlitt sie in Polen eine Fehlgeburt.44 41 Schwarcz, Iskra: Peter der Grosse und Wien. In: Peter der Große in Wien. Ausstellung im Öster­reichischen Staatsarchiv Wien. 3.12.1999-21.01.2000. Katalog, S. 2-6; K voprosu o sud’be Svjascennoj ligi v svjazi s pürebyvaniem Velikogo posol’stva v Vene. In: Reflections on Russia in the Eighteenth Century. Joachim Klein, Simon Dixon u. a. (Ed.), Köln, Weimar, Wien 2001, S. 126- 137. 42 Pohlebkin, Viljam: Vnesnjajapolitika Rusi, Rossii i SSSR za 1000 let v imenah, datah, faktah. Vyp. II, Kn. 1. Vojny i mirnye dogovory. Moskva 1995, S. 576. 43 W i c k h a r t: Moscowittische Reiß-Beschreibung, S. 48. 44 Wickhart: Moscowittische Reiß-Beschreibung, S. 160. 38

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