Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 49. (2001) - Quellen zur Militärgeschichte – 200 Jahre Kriegsarchiv

HILLBRAND, Erich: Das Kriegsarchiv von 1945 bis zur Jahrtausendwende

Erich Hillbrand Nach dem von umfangreichen Aufbauarbeiten unter unzureichenden Arbeitsbe­dingungen und von praktischen, politischen und rechtlichen Problemen erfüllten ersten Nachkriegsjahrzehnt, kam schließlich eine weitere Belastungsprobe auf das Archiv zu - wenngleich verbunden mit einem reichen Quellenzuwachs. 1958 über­gab man ca. 150.000 in Österreich verbliebene, meist ungeordnete Personalunterla­gen der Deutschen Wehrmacht.51 Diese führten zur Bildung eines neuen Bestandes des Hauses mit der Bezeichnung „Zweiter Weltkrieg“.52 In der Folge vermehrten sich diese Materialien durch die Übernahme weiterer in den Bundesländern oder bei bundesdeutschen Dienststellen verwahrt gewesener Unterlagen.5' Mit der Über­gabe dieser Archivalien war gemäß der 1956 beschlossenen Neuregelung der Sozi­algesetze (ASVG) die Auflage verbunden, Bestätigungen über geleisteten Wehr­dienst zur Berechnung der Ruhegenussansprüche an die Sozialversicherung auszu­stellen. Außerdem war über Strafverbüßungen, die Ablegung von Prüfungen, die Staatsangehörigkeit oder den Verbleib bestimmter Personen54 sowie für die Lokali­sierung von Kriegsgräbem zu recherchieren. Dieser Arbeitsauftrag bedingte eine sofortige, zumindest grobe Sortierung der weitgehend ungeordneten Quellen, deren Aussage zudem oftmals für eine Erledigung nicht ausreichte. Dieser Umstand er­forderte die Einholung von Auskünften bei anderen Dienststellen des Inlandes55 sowie anderer Staaten, vor allem natürlich der Bundesrepublik Deutschland, so z. B. beim Bundesarchiv-Militärarchiv, Außenstelle Aachen-Comelimüster (Zen­tralnachweisstelle), dem ehemaligen Berlin Dokument Center (jetzt Teil des Bun­desarchivs) oder der Deutschen Dienststelle für die Benachrichtigungen der näch­sten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen Deutschen Wehrmacht (WAST). Die daraus resultierende Aktenlawine überforderte den normalen, weitgehend überalterten Personalstand, waren doch zudem noch Belege für die Zuerkennung des 1958 wieder eingeführten Ehrensoldes für die Träger von im Ersten Weltkrieg verliehenen Auszeichnungen zu erstellen sowie die Daten für die vom Innenmini­sterium auszustellenden Bestätigungen über im Ersten Weltkrieg geleisteten Wehr­51 Es handelte sich dabei um die in Österreich verbliebenen, vom gemäß § 1 (2) des Behördenüber­leitungsgesetzes bei der Staatskanzlei eingerichteten Liquidator der Einrichtungen der Deutschen Wehnnacht gesammelten Personalunterlagen dieser Armee, die 1955 an das Reterat II des Bun­deskanzleramtes übergegangen waren. Das Material beschränkte sich allerdings weitgehend auf Wien und Niederösterreich. Im übrigen Bundesgebiet hatten meist die Landesevidenzstellen diese Personalakten übernommen. Winter: Personalunterlagen des Zweiten Weltkrieges im Kriegsar- chiv, S. 50 - 67. 52 Dessen Grundstock bildeten die Registratur der „Vereinigten Wehrevidenzstellen“ und 1945 geborgene Akten diverser Wehrmachtsgerichte. 55 KA, Reg. ZI. 51924/65 (Statistische Übersicht der Neuzugänge 1955-1965); Winter: Perso­nalunterlagen, S. 54 f; E b e n d a , S. 66 f. (Bestandsübersicht mit Stand vom Dezember 1974). 54 Mit Weisung vom 20. März 1958 und Ergänzungen bzw. Abänderungen dazu; AdR, BKA, ZI. 57/067-Pr. lb/58; Winter: Personalunterlagen, S. 51 f. 55 Z. B. bei Meldeämtern, Krankenkassen etc. 50

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