Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 49. (2001) - Quellen zur Militärgeschichte – 200 Jahre Kriegsarchiv
HILLBRAND, Erich: Das Kriegsarchiv von 1945 bis zur Jahrtausendwende
Das Kriegsarchiv von 1945 bis zur Jahrtausendwende dienst beizubringen. Hatte die Zahl der Akten 1956 gegen 4.700 betragen, so erreichte sie 1958 schon 27.000 und nach kontinuierlichem Anstieg 1963 an die 40.000, ein Hochstand, der einige Jahre anhielt, 1980 aber wieder auf ca. 17.000 gesunken war. Dazu kamen jährlich ca. 20.000 Vorsprachen - soviel wie im Jahrzehnt 1945-1955.56 57 58 * * Erschwerend wirkten daneben die gerade in jener Zeit wirksam gewordenen Änderungen in Organisation und Kanzleiwesen.'7 Die Grenze der Belastbarkeit war erreicht und so wies man schließlich dem Archiv zusätzliches Personal zu. Dieses war aber, da von verschiedenen anderen Dienststellen abgezogen, zumindest in der Anfangsphase, seiner Aufgabe nicht voll gewachsen. Überdies waren die neuen Aufgaben weniger einem Archiv, sondern eher einer Registratur oder einem Zwischenarchiv angemessen. Und obwohl sich alle Archivangehörigen bis hinauf zum Direktor fast ausschließlich dieser Tätigkeit widmeten, konnten beachtliche Rückstände bzw. lange Wartezeiten bei der Erledigung der Anträge nicht vermieden werden. Mit Ausnahme der ersten beiden Jahre hatte Wilhelm Kraus bis zum Ende seiner Funktionsperiode mit diesem Problem zu ringen, dem er sich - von archivarischem und sozialem Pflichtgefühl durchdrungen - mit geradezu übermenschlichem Einsatz widmete. Dieses Engagement würdigte sein Nachfolger in entsprechender Weise.'* Zu jener Zeit, als die erwähnten Recherchen den weitaus überwiegenden Teil der Arbeitskraft der Bediensteten absorbierten, drängten neuerlich hohe Offiziere des Bundesheeres in Unkenntnis der arbeitsmäßigen Gegebenheiten im Archiv auf eine Unterstellung des Kriegsarchivs unter das Militärressort, da sie die Zivilbeamten, deren Tätigkeit sich ihrer Meinung nach freiwillig in der Ausstellung von Bestätigungen erschöpfte, für die Bewältigung militärhistorischer Problemstellungen als ungeeignet klassifizierten.'“ Obwohl den damals dort tätigen Akademikern historisches Arbeiten nur unter schwierigsten Bedingungen möglich war, erschienen doch auch in jener Zeit wertvolle Beiträge zur Militärgeschichte. Eine spürbare Erleichterung obiger Gegebenheiten trat erst ein, als 1961 Otto Friedrich Winter“ - aus dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv in das Kriegsarchiv 56 KA, Reg. ZI. 38085/66, 51924/66 (Jahresbericht 1959-1965): Winter, Otto Friedrich: Das Kriegsarchiv im Dienste des „ASVG-Betriebes". In: Berichte und Informationen des Österreichischen Forschungsinstituts tur Wirtschaft und Politik 18 (1963) Heft 894, S. 14 f.; W inter: Personalunterlagen, S. 60. 57 KA, Reg. ZI. 18202/57 und 22190/56; W inter: Personalunterlagen, S. 60. 58 W i n t er, Wilhelm Kraus, S. 491 f. '“ Laut einem Tagebucheintrag General Erwin Fusseneggers vom 26. Februar 1963. KA, Nachlässe und Sammlungen, B 941:8, fol. 46 (Nachlaß Fussenegger). “ Otto Friedrich Winter: * Wien, 11.5.1918. Winter wirkte 1966-1983 als Direktor des Kriegsarchivs, 1980-1983 als ernannter Stellvertreter des Generaldirektors des Österreichischen Staatsarchivs und war ab 1977 langjähriger Vizepräsident des Verbandes österreichischer Archivare. Buttlar, Gertrud: Der VÖA gratuliert seinem Vizepräsidenten Hofrat Dr. Otto Friedrich Winter zum 65. Geburtstag. In: Scrinium 28 (1983), S. 323. 51