Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)
Rezensionen
Klöstern weg zu staatlich kontrollierten, einheitlichen Lehrgängen organisiert werden sollte. Sie sollten geeigneten Nachwuchs für die Umsetzung der weiteren Reformen heranbilden, scheiterten aber v. a. an den überzogenen Anforderungen an die Auszubildenden und dem daraus resultierenden geringen Interesse, auch von Seiten der Bischöfe. Es wird hier der regionalen Themenstellung gemäss die (kurze) Geschichte des Wiener Generalseminars hervorgehoben, das bald nach dem Tod Josephs II. wieder aufgelöst wurde. Die Autorin geht in ihrer Untersuchung sehr detailliert und mit vielen Beispielen auf die einzelnen Schritte in diesem Reformprozess ein, wie die Pfarrregulierung, d. h. die Neuorganisation des Pfarmetzes auf der Basis kleinerer, überschaubarer Pfarren, den Einsatz von Mönchen in der Seelsorge, die Abschaffung der Bruderschaften, die Verwaltung des freigesetzten Immobilien und Kapitalstockes im Religionsfonds (Gründung Februar 1782) und spiegelt diese in ihren Auswirkungen - eine profunde Darstellung der Auseinandesetzungen zwischen reformatorischen Staatschristentum josephinischer Prägung und dem um seine unabhängige Machtstellung fürchtenden Klerus. Auch die Frage der Finanzierung des Pfarrpersonals über die Kirchenpfründe wird durch deren genaue und akribische Aufschlüsselung beleuchtet. Ein eigenes Kapitel behandelt die Ausgangssituation im Wiener Klerus vor der Pfarrregulierung und ihre Auswirkungen in Wien. Die Umorganisation begann 1783 und wurde begleitet von einer neuen Gottesdienstordnung, die Verdienstmöglichkeiten, wie z. B. die Messstipendien, gezielt eingeschränkte, um steuernd auf die Verteilung der Kleriker in den Pfarren einwirken zu können. Die Autorin beleuchtet dazu die Hierarchien innerhalb des Klerus, z. B. die Funktion(en) der Priester und Kooperatoren in den Pfarren, ihr Verhältnis zum Konsistorium und dessen Sicht der Zustände in den Pfarren und der Disziplin des Klerus. Als Anhang listet die Autorin einen „Schematismus“ der Wiener Stadt- und Vorstadtpfarren 1786 auf, der den Personalstand nach den josephinischen Pfarrkor- rekturen wiedergibt. Die Arbeit bezieht sich quellenseitig auf Material aus dem Wiener Diözesanar- chiv, dem niederösterreichischen Landesarchiv, dem Klosterarchiv St. Ursula sowie (vereinzelt) aus den Beständen „Alter Kultus“ sowie „Vereinigte Hofkanzlei“ im Allgemeinen Verwaltungsarchiv, dazu wird umfangreich auf die zeitgenössische Literatur eingegangen. Eine mikrogeschichtliche Forschungsarbeit, die in einem abgesteckten Rahmen sehr detailreich die Reformen im niederen Klerus des späten 18. Jahrhunderts beleuchtet, mit interessanten Ansätzen, die sie nicht nur für religionsgeschichtliche Fragestellungen lesenswert macht. Herbert Hutterer, Wien 441 Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48/2000 - Rezensionen